Als eine wesentliche Voraussetzung für die Kreislaufwirtschaft gelten passende Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Dabei ist die Entwicklungsphase eines Produkts entscheidend, in der die Kreislauffähigkeit von Produkten festgelegt wird. In dieser Entwicklungsphase kann künstliche Intelligenz (KI) die Arbeit beschleunigen. KI kann ebenfalls die Produktqualität verbessern, den Ressourceneinsatz optimieren und sogar neue Geschäftsmodelle identifizieren. Dabei könne KI zum einen als Assistenzsystem dienen, zum anderen könnten speziell trainierte Systeme neue Produkte entwickeln.
Dabei müsse berücksichtigt werden, dass KI nur das Wissen abbilden kann, mit dem sie trainiert wurde. Laut Bericht würden dadurch eher durchschnittliche Entwürfe eines Konzepts entstehen, was dann von Menschen weiterentwickelt und verfeinert werden muss. Auch bei der Entwicklung neuer Materialien und der Substitution, etwa von Kunststoffen, könne KI helfen.
Auch bei der Gewinnung und Rückgewinnung von Rohstoffen könne die KI einen Beitrag leisten. So könne sie etwa dabei helfen, vorhandene anthropogene und natürliche Lagerstätten von Rohstoffen zu erschließen und zu quantifizieren. Mithilfe von KI-Systemen könnten Marktplätze skaliert und Restwerte ermittelt werden. Zudem könnten Rezertifizierungsmaßnahmen zuverlässiger und kostengünstiger erfolgen. Weiter kann KI die Effizienz bei Demontage und Inspektion verbessern. Außerdem könne KI Produktionsdaten analysieren, um den Zustand und die Lebensdauer von Bauteilen vorherzusagen.
Auch in Produktionsprozessen könne KI unterstützen. In den Bereichen Prozessregelung, Qualitätskontrolle und Instandhaltung werde KI bereits häufig eingesetzt. Vor allem bei der Qualität habe sich KI bewährt. So können durch die Vermeidung von Produktionsfehlern Kosten gesenkt werden. KI-basierte Diagnosesysteme für eine optimierte Instandhaltung sorgen für eine effiziente Maschinenauslastung und verfolgen das Ziel, fehlerfreie Produkte herzustellen.
Im Verkauf kann eine KI-basierte Angebotssteuerung den Ressourceneinsatz reduzieren, indem nur die tatsächlich benötigte Menge an Produkten zum jeweiligen Zeitpunkt hergestellt wird. Damit können Überproduktionen und Abfälle vermieden werden. Durch die Analyse von Nachfrage und Kaufverhalten aus der Vergangenheit können künftige Bedarfe prognostiziert werden.
Für die Wirtschaftlichkeit von Sharing- oder Nutzungsmodellen müssten Faktoren wie Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Wartungsaufwand, Nutzungshäufigkeit und -intensität sowie die Zerstörungsmöglichkeiten durch die Anwender*innen abgeschätzt werden. KI könne dabei helfen, entsprechende Informationen für die Preisgestaltung zur Verfügung zu stellen. Auch in der Logistikplanung könne KI helfen, Lagerflächen und Transportwege einzusparen.
In der Nutzungsphase könne KI vor allem dabei helfen, den Austausch zwischen allen Beteiligten zu vereinfachen oder überhaupt erst zu ermöglichen.
Für die Rückführung von Produkten gebe es drei wesentliche Motive: Die erneute Nutzung, die Nutzung bestimmter Komponenten oder die Rückgewinnung von Materialien. Für jedes dieser Motive sind spezielle Rückführungswege erforderlich, die mit KI optimiert werden können.
Ein Teil des Ganzen
Der Bericht betont, dass KI die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft nicht allein bewältigen kann. Denn dazu sei ein tiefgreifendes wirtschaftliches und gesellschaftliches Umdenken erforderlich. Die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und die Menschen ihr Verhalten ändern. Dabei kann KI unterstützend helfen.
„Grundsätzlich hängt das Ausmaß des Lösungsbeitrags von KI davon ab, wie ambitioniert die CE-Strategie ausgerichtet ist und umgesetzt wird, in welche die KI eingebettet ist“, heißt es weiter. Dabei müsse aber auch immer kritisch hinterfragt werden, inwieweit KI tatsächlich zur Zielerreichung der Nachhaltigkeit beträgt oder ob sie nicht eine lineare Wirtschaft befördert. In vielen Fällen könnten KI-Anwendungen erst dann sinnvoll zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen, wenn die Rahmenbedingungen verändert werden.
Grundsätzlich müsse zunächst immer gefragt werden, welches Problem gelöst werden soll, bevor entschieden werden kann, welchen Beitrag KI dazu leisten kann. KI-Anwendungen müssten zudem immer in eine größere Kreislaufwirtschaftsstrategie eingebettet und von anderen Maßnahmen unterstützt werden.
Digitale Produktpässe seien eine Schlüsseltechnologie, um die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Sie werden in den kommenden Jahren sukzessive für bestimmte Produktgruppen verbindlich eingeführt. Dabei handele es sich um ein dezentrales System standardisierter Datensätze, das Transparenz über Produkteigenschaften im gesamten Produktlebenszyklus schaffen soll. Dafür könne KI in verschiedener Form genutzt werden, um die Vorteile der DPPs noch stärker auszuschöpfen. Vor allem Unternehmen ohne eine entsprechende digitale Infrastruktur und ohne Know-how würden bei der Einführung von DPPs vor großen Herausforderungen stehen. Denn schon die Sammlung und Strukturierung der relevanten Daten sei sehr aufwendig. Hier könne auch herkömmliche Software ohne semantisches Verständnis nicht helfen.
KI nachhaltig gestalten
Neben dem Nutzen der KI für die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft müsse aber auch die Nachhaltigkeit der Technologie berücksichtigt werden. „KI kann nur in einer Gesellschaft und Wirtschaft ein sinnvolles Instrument sein, welche bereits nachhaltig ist oder sich die Transformation zur Nachhaltigkeit zum Ziel gesetzt hat. In einer linearen, weiterhin auf der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen und von Menschen basierenden (Wirtschafts-) Welt hat KI das Potenzial, derzeitige Missstände und Fehlentwicklungen zu verstärken“, heißt es im Bericht. Dabei gebe es im Lebenszyklus eines KI-Systems zahlreiche Punkte, an denen Entscheidungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit getroffen werden könnten. Um eine soziale Nachhaltigkeit der KI sicherzustellen, sollten Informationen zu den Systemen offengelegt und Verantwortlichkeiten für deren Ergebnisse sichergestellt werden. Notwendig seien zudem eine hohe Datenqualität und Datenschutz. Um eine ökologische Nachhaltigkeit sicherzustellen, sei ein nachhaltiger Energiemix erforderlich. Zudem müsse auf die ressourcen- und energieschonende Produktion, Nutzung und Entsorgung der Hardware geachtet werden. „Zur Stärkung ökonomischer Nachhaltigkeit sollte die Zugangsbarriere zu KI-Entwicklung durch offene Datensätze, Schnittstellen und Quellcodes reduziert werden, auch um damit die Marktmacht- und Wissenskonzentration auf wenige große Anbieter von KI-Modellen entgegenzuwirken“, so der Bericht.
Grundsätzlich müssten die möglichen Ressourceneinsparungen von KI-Anwendungen den unerwünschten Nebeneffekten gegenübergestellt werden, da diese die gewünschten Einsparungen aufzehren oder sogar überkompensieren könnten. Allerdings gebe es bisher über die Umweltkosten von KI-Systemen kaum Zahlen. Dies würde es erschweren, Entscheidungen zu treffen, mit denen die negativen Umweltauswirkungen der KI gemindert werden könnten.
Grenzen von KI
Weiter heißt es, dass das Bewusstsein und Verständnis über die Funktionsweise, aber auch die Grenzen von KI essenziell ist. KI dürfe dabei weder vermenschlicht noch als objektiv und unabhängig gesehen werden. Zudem werde kontrovers diskutiert, ob KI überhaupt Neues schaffen kann. Zudem würden die Trainingsdaten für KI-Modelle aus der Vergangenheit, also der linearen Wirtschaft, stammen. Daher würden sich grundsätzliche Einschränkungen bei der Nutzung im Bereich der Kreislaufwirtschaft ergeben. Dies mache auch deutlich, dass der Impuls für die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft kommen müsse. „KI und ihre Potenziale für die CE dürfen in keinem Fall dazu führen, dass die gesellschaftlich-politische Debatte und Anstrengung darum, wie die Transformation gestaltet und vorangebracht werden kann und muss, verschleppt oder gar negiert werden“, heißt es im Bericht. Zudem müssten neue Forschungsergebnisse kontinuierlich in die Input-Daten mit einbezogen und Verzerrungen durch Datenlücken und -missstände beachtet werden.
Für eine sinnvolle Nutzung von KI für die Kreislaufwirtschaft sei es erforderlich, dass die Akteure Kompetenzen in beiden Bereichen aufbauen. So müssten die Akteure der Kreislaufwirtschaft die Datenqualität erkennen und die Ergebnisse kritisch bewerten und einordnen können. Umgekehrt müssten KI-Entwickler die Prinzipien und Hierarchien der Kreislaufwirtschaft verstehen und möglicherweise auch wünschenswerte Werte und Veränderungen in das Training der KI einbeziehen.
Grundsätzlich hänge das Potenzial neuer Technologien nicht nur von der technischen Ausgestaltung, sondern vor allem auch von der Akzeptanz, Annahme und Integration durch die Gesellschaft ab. Technologien könnten nur dann transformativ wirken, wenn sie mit den Werten, Bedürfnissen und Bestrebungen der Gesellschaft übereinstimmen.
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