Die Menge der auf den EU-Markt gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte ist in weniger als zehn Jahren um etwa 80 Prozent gestiegen. Es ist eine sehr heterogene Produktgruppe, die sich durch immer schnellere Innovationszyklen auszeichnet. Gleichzeitig sind Elektroaltgeräte auch einer der schnellsten wachsenden Abfallströme weltweit. Viele der Geräte enthalten wertvolle Ressourcen wie kritische Rohstoffe. Es ist zu erwarten, dass das Aufkommen auch in den kommenden Jahren steigen wird. Das JRC hat im Auftrag der Europäischen Kommission anhand von fünf Kriterien untersucht, ob die aktuell gültige WEEE-Richtlinie (WEEE-2) noch ihren Zweck erfüllt. Die Kriterien sind Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz, Relevanz und EU-Mehrwert.
Bestandsaufnahmen
Laut Bericht haben alle Mitgliedstaaten die WEEE-2-Richtlinie vollständig in nationales Recht umgesetzt. Einige hätten dabei die festgelegten Mindestanforderungen noch erhöht. Dies betreffe vor allem die Sammelziele nach Kategorien, höhere Recyclingziele für bestimmte Kategorien, spezifische Ziele für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und zusätzliche Anforderungen an die Behandlung. Alle Mitgliedstaaten haben auch ein Erzeugerregister eingerichtet. Allerdings sei es bisher nicht gelungen, die Meldungen der Länderregister zu vereinheitlichen.
Die Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung wurde in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich gestaltet. Dies führe zu sehr unterschiedlichen Gebühren, Modellen für die Gebührenberechnung und Berichtspflichten der Systeme gegenüber den Herstellern. In vier Mitgliedstaaten gibt es mehrere Organisationen der erweiterten Herstellerverantwortung. In manchen Ländern gibt es nur eine, was in der Regel auf die Größe des Landes zurückzuführen ist. Es seien keine grundsätzlichen strukturellen oder systematischen Probleme von Verstößen gegen die Richtlinie zu erkennen.
Bis 2015 hätten fast alle Mitgliedstaaten das Sammelziel erreicht. 2016 mussten 18 Mitgliedstaaten eine Sammelquote von 45 Prozent erreichen, die anderen 9 mindestens 40 Prozent. Dieses Ziel wurde von 14 (45 Prozent) und 5 (mindestens 40 Prozent) erreicht. Seit 2021 beträgt die Sammelquote 65 Prozent für alle Mitgliedstaaten. Dieses Ziel erreichten 2021 nur zwei Staaten.
Die Menge der verwerteten Geräte stieg zwischen 2012 und 2021 deutlich auf 69,8 Prozent. Ähnliches gilt auch für das Recycling (64,8 Prozent). Eine Erkenntnis des Berichts ist, dass die Bemühungen zur Abfallvermeidung nicht besonders erfolgreich waren. Gründe dafür seien vor allem die starke Zunahme der in Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte sowie mangelnde Anreize für die getrennte Sammlung zur Wiederverwendung. Die Quote der Vorbereitung zur Wiederverwendung lag zwischen 2012 und 2020 zwischen 0,6 und 1,7 Prozent.
Die getrennte Sammlung von Elektroaltgeräten habe zwar zugenommen, aber nicht in dem Umfang, der zum Erreichen der festgelegten Ziele notwendig gewesen wäre. 2021 habe die Sammelquote knapp unter 50 Prozent gelegen. Gründe dafür seien unter anderem nicht gemeldete und illegal exportierte Mengen. Zudem gelangt ein nicht unerheblicher Teil der Geräte auch in andere Abfallströme wie Metallschrott und Restmüll. Die Richtlinie habe sich hier als nicht wirksam genug erwiesen.
Die Quoten der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings hätten zwischen 2012 und 2021 konstant hoch zwischen 80 und 84 Prozent gelegen. Dabei spielte aber, wie erwähnt, die Vorbereitung zur Wiederverwendung kaum eine Rolle. Allerdings werfe die Übererfüllung der Verwertungsziele die Frage auf, ob die Berechnungsmethode geeignet ist. Grundlage ist der Input der Anlagen. Die Quoten sagen damit nichts über die Qualität des Recyclings und den Output aus. Die Richtlinie sehe auch keine Ziele für die stoffliche Verwertung oder die Recyclingziele vor. Der Bericht betont auch, dass es keine Anreize für das Recycling kritischer Rohstoffe gibt. Die gewichtsbasierten Ziele würden das Recycling von Massenmetallen attraktiver machen.
Als positiv bezeichnet der Bericht auch die Reduzierung von zehn relativ engen zu sechs offeneren Kategorien. Die Einstufung sei nun einfacher und habe den Verwaltungsaufwand reduziert. Es wurden mit der Richtlinie auch Mindestanforderungen an die Inspektion und die Überwachung der Verbringung festgelegt. Diese waren laut Bericht aber eher nicht wirksam genug.
Es sei weiterhin eine Zunahme bei Elektroaltgeräten festzustellen. Präventionsbemühungen hätten bisher wenig Erfolg gezeigt. Daher sei eine umfassende Angleichung der WEEE-Richtlinie an die Ziele der Abfallrichtlinie und ihrer Abfallhierarchie erforderlich. Beim Anwendungsbereich gebe es zudem Klärungs- und Präzisierungsbedarf. Dies gelte insbesondere für den offenen Anwendungsbereich und für neu in Verkehr gebrachte Produkte, die traditionell nicht als Elektroaltgeräte gelten. Es müsse generell geprüft werden, ob die Definition von EEE noch relevant sei und vor allem auch absehbaren künftigen Anforderungen gerecht werde.
Weiter heißt es, dass die derzeitigen Sammel- und Verwertungsziele nicht ausreichend oder angemessen sind, um eine Kreislaufwirtschaft sowie einen Markt für Sekundärrohstoffe zu schaffen. So würde das allgemeine Sammelziel bestimmten Gerätekategorien, die sehr viele wertvolle oder kritische Rohstoffe enthalten, keinen Vorrang einräumen. Zudem werde bei der Berechnung der Verwertungsziele die Effizienz des Recyclingprozesses nicht berücksichtigt. Daher werden weder ein hochwertiges Recycling noch die Rückgewinnung von kritischen Rohstoffen gefördert. Die kombinierten Verwertungsziele bieten auch keinen Anreiz für die Vorbereitung zur Wiederverwendung. Die Richtlinie lege keine Behandlungsanforderungen für alle gefährliche Stoffe fest. Es gebe auch keine ausreichenden Anforderungen zur Gewährleistung einer hohen Recyclingqualität. Die Richtlinie berücksichtige auch nicht ausreichend den Bedarf, der sich aus zu erwartenden Trends durch die erneuerbaren Energien ergeben wird. Auch die zunehmende Digitalisierung werde nicht angemessen berücksichtigt. Dies gelte auch für die Zunahme des Onlineverkaufs. Vor allem das Problem der Trittbrettfahrer untergrabe das bestehende System.
Weiter heißt es, dass die Richtlinie nicht flexibel genug ist, um den technologischen und wissenschaftlichen Fortschritten gerecht zu werden. So würden etwa neue Technologien zu veränderten Abfallströmen mit unterschiedlichen Materialzusammensetzungen führen. Diese würden in den bestehenden Kategorien nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl zum Teil auch besondere Behandlungsanforderungen erforderlich sind.
Maßnahmen
Als eine wesentliche Maßnahme nennt der Bericht eine bessere Definition des Geltungsbereichs. Es wird eine gesonderte Kategorie für Photovoltaikmodule und andere Anlagen für erneuerbare Energien vorgeschlagen. Sinnvoll sei auch eine differenziertere Kategorisierung, die die Materialzusammensetzung, die Sammelmethode und die angewandten Behandlungsverfahren berücksichtigt.
Derzeit gebe es große Unterschiede bei der Umsetzung der Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung. Dies betreffe vor allem die Gebühren sowie unterschiedliche Melde- und Registrierungsverfahren. Empfohlen wird eine weitere Harmonisierung der Formate für die Berichterstattung, der Verbesserung der Informationsverfügbarkeit, die Gewährleistung der Transparenz in den Registrierungsdatenbanken sowie die Förderung der Koordinierung zwischen den nationalen Registern. Auch die Anforderungen an die Benennung eines Bevollmächtigten sind nicht einheitlich geregelt. Hier könne eine Reform des Systems helfen, bei der Rollen, Zuständigkeiten und Verfahren geklärt werden.
Es seien neue Ansätze erforderlich, um Anreize für eine verstärkte Sammlung zu schaffen und die Verantwortlichkeiten der Hersteller zu präzisieren. Die Verpflichtungen aller Beteiligten müssen klar sein und alle Altgeräte gesammelt und behandelt werden. Dazu gehöre auch, die Situation bei illegalen Verbringungen zu verbessern. Es sollten verbraucherfreundliche Systeme für die Rückgabe sowie Anreize für die Verbraucher geschaffen werden. Zudem müssten Einzelhändler in die Infrastruktur für die Sammlung eingebunden werden. Auch müsse die Einführung verschiedener Sammelmethoden geprüft werden.
Es sei wichtig, das Konzept der Abfallhierarchie weiter zu stärken. Zudem gebe es keine Anreize für die Verwertung von Sekundärrohstoffen und kritischen Rohstoffen, da die derzeitigen Quoten kein hohes Maß an stofflichem Recycling fördern. Daher sei eine Neubewertung der Ziele erforderlich.
Es sei wichtig, harmonisierte Anforderungen an die Behandlung festzulegen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. So könnte Qualitätsverluste in den Recyclingprozessen vermieden und die unnötige sowie illegale Verbringung unterbunden werden.






