Den Konsum in den Griff kriegen

Die EU hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Klima und die Umwelt zu schützen. Eine ganz wesentliche Rolle spielt dabei aber der Konsum, der bisher weniger im Fokus stand.
Foto: Mohamed Hassan; pixabay.com

Die Europäische Umweltagentur hat untersucht, wie sich der Konsum in der EU auf ein Maß reduzieren lassen könnte, das die Umwelt und das Klima nicht gefährdet.

Das European Topic Centre hat verschiedene Fußabdrücke des europäischen Konsums berechnet. Dabei wurden die internen und externen Treiber des Konsumverhaltens analysiert. Es bestehe ein breiter Konsens darüber, dass große Veränderungen im Lebensstil und Konsumverhalten notwendig sind, um die Umweltbelastungen und Treibhausgasemissionen sowohl in der EU als auch weltweit deutlich zu reduzieren. Weder umweltpolitische Maßnahmen noch wirtschaftliche und technologische Effizienzsteigerungen allein dürften langfristig ausreichen, um die Auswirkungen des durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum bedingten Anstiegs von Verbrauch und Produktion zu bewältigen.

Effizienzsteigerungen müssen mit einer Verlagerung des Konsums hin zu stärker kreislauforientierten und nachhaltigen Alternativen, einschließlich Suffizienzkonzepten, kombiniert werden. Ein solcher Wandel wird unweigerlich tiefgreifende Veränderungen der vorherrschenden Produktions- und Konsummuster, Technologien, Infrastrukturen und Politiken mit sich bringen.

Konsum nimmt zu

Die Ausgaben der privaten Haushalte in der EU sind zwischen 2000 und 2019 um 69 Prozent gestiegen (von 4,3 auf 7,3 Billionen Euro). Im Jahr 2020 sind sie im Vergleich zu 2019 um 8 Prozent gesunken, was vorwiegend auf die Pandemie zurückzuführen ist. Das anhaltend hohe Wachstum ist nur zu einem geringen Teil auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen. Dieses betrug im genannten Zeitraum lediglich 4 Prozent. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass die Pro-Kopf-Ausgaben deutlich gestiegen seien. Insgesamt entfiel rund ein Drittel der Gesamtausgaben auf Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Wohnen, die sich in etwa die Waage hielten. Die stärkste Ausgabensteigerung zwischen 2000 und 2019 ist mit 92 Prozent im Bereich Wohnen zu verzeichnen. Es folgen Dienstleistungen mit 70 Prozent, Nahrungsmittel mit 69 Prozent, Mobilität mit 62 Prozent, Haushaltswaren und -dienstleistungen mit 46 Prozent und Bekleidung mit 34 Prozent. Dies sei sowohl auf höhere Ausgaben als auch auf höhere Preise zurückzuführen. Die Preissteigerungen seien sowohl auf Veränderungen bei den Produkten und Dienstleistungen als auch auf Preisveränderungen bei einzelnen Produkten zurückzuführen. Bei Dienstleistungen, Bekleidung und Haushaltswaren sei der Konsumanstieg jedoch höher als der Preisanstieg. Bei Wohnen, Nahrungsmitteln und Mobilität ist es genau umgekehrt. Der Verbrauch von Nahrungsmitteln ist zwischen 2000 und 2019 nur um zehn Prozent gestiegen.

Umweltauswirkungen

Die wesentlichen Umweltauswirkungen des europäischen Konsums entstehen in Europa. Aber auch die Auswirkungen außerhalb Europas sind erheblich. Zwar finden 90 Prozent der Wertschöpfung in Europa statt, aber nur 70 Prozent der Emissionen und 50 bis 60 Prozent der Umweltauswirkungen auf Wasser und Landnutzung werden in Europa verursacht.

2020 wurden in Europa rund 6,1 Milliarden Tonnen Rohstoffe für alle Produkte und Dienstleistungen für private Haushalte eingesetzt. Im Jahr 2019 waren es sogar 6,5 Milliarden Tonnen. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 14,5 Tonnen. Allerdings ist der Materialverbrauch seit dem Jahr 2000 kaum gestiegen, obwohl die Ausgaben der Haushalte so stark zugenommen haben. Rund 41 Prozent des Materialverbrauchs würden auf das Wohnen entfallen, 26 Prozent auf Nahrungsmittel und 20 Prozent auf Dienstleistungen. 50 Prozent dieser Rohstoffe würden in der EU abgebaut. Dies verdeutliche die hohe Importabhängigkeit der EU.

Dabei sind die Importanteile unterschiedlich verteilt: Bei Bekleidung, Haushaltsgütern, Mobilität und Dienstleistungen liegen sie deutlich über 50 Prozent. Im Bereich Wohnen ist der Anteil deutlich geringer, da insbesondere Baustoffe in der Regel eher lokal oder regional gewonnen werden. Sekundärrohstoffe könnten den Exportbedarf reduzieren. Die Studie weist jedoch darauf hin, dass die Materialeinsatzquote für Sekundärrohstoffe im Jahr 2020 nur 12,8 Prozent betragen wird. Die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen verursacht unterschiedliche Emissionen. So wurden für 2020 12,1 Millionen Tonnen Stickoxide, 9 Millionen Tonnen Schwefel­oxide und 4,7 Millionen Tonnen Feinstaub geschätzt. Alle Emissionen sind jedoch seit 2000 rückläufig.

2020 werden 4,9 Millionen Tonnen CO2eq durch die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen für den privaten Konsum emittiert. Seit 2000 sind diese Emissionen kontinuierlich zurückgegangen. Der größte Anteil entfällt mit 40 Prozent auf das Wohnen. 22 Prozent entfallen auf Ernährung, 17 Prozent auf Dienstleistungen und 12 Prozent auf Mobilität. Rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen des europäischen Konsums entstehen außerhalb Europas.

Der Wasserverbrauch lag 2020 bei 1,1 Billionen Kubikmetern. Im Gegensatz zu allen anderen Indikatoren ist der Wasserverbrauch seit 2000 gestiegen. 73 Prozent des Wassers wurden für die Nahrungsmittelproduktion benötigt. Der Flächenverbrauch für die Produktion lag 2020 bei 5,7 Millionen Quadratkilometern. Zwischen 2000 und 2014 ging der Flächenverbrauch deutlich zurück. Seitdem ist er kontinuierlich angestiegen, lag 2020 aber immer noch 6 Prozent unter dem Wert von 2000. Den größten Anteil an der Landnutzung hat die Ernährung mit 57 Prozent, gefolgt vom Wohnen mit 17 Prozent.

Kreislaufwirtschaft als Lösung

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass zumindest eine relative, in einigen Fällen sogar eine absolute Entkopplung von Konsum und Umweltauswirkungen erreicht wurde. Dies sei jedoch mit Vorsicht zu betrachten. Es sei fraglich, wie lange Effizienzsteigerungen den steigenden Konsum noch kompensieren könnten. Zudem sei es ohnehin unwahrscheinlich, dass eine vollständige Entkopplung des Wirtschaftswachstums von Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen erreicht werden könne. Um einen nachhaltigen Verbrauch zu erreichen, wie ihn die EU anstrebt, müsse dieser deutlich reduziert werden. Dazu seien tiefgreifende Veränderungen in Produktion und Konsum notwendig. Es sei jedoch bekannt, dass es sehr schwierig sei, Konsumgewohnheiten zu ändern.

Aus Sicht der Studie ist eine Kreislaufwirtschaft im Konsum notwendig. Eine Reduktion ist zum Beispiel durch die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten möglich. Dies würde insgesamt die Klima- und Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus reduzieren. Durch zirkuläre Geschäftsmodelle können die Verbraucher*innen ebenfalls ihren Konsum reduzieren, etwa durch Sharing- oder Mietmodelle. Auch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen anstelle des Kaufs von Produkten ist ressourcenschonend. Die Verlagerung des Konsums auf alternative, nachhaltigere und weniger materialintensive Optionen könne ebenfalls eine Möglichkeit sein, die Umweltauswirkungen des Konsums zu reduzieren. Recycling und Wiederverwendung seien ebenfalls von zentraler Bedeutung für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Dies erfordere jedoch ehrgeizigere Recyclingquoten. Geeignete Sammelsysteme und Infrastrukturen für Wiederverwendung und Recycling sollten verfügbar und zugänglich sein. Auch sollten die Verbraucher ermutigt werden, ihre Altprodukte zur ordnungsgemäßen Entsorgung zurückzugeben.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Produktgestaltung. Durch die Beachtung von Ökodesign-Grundsätzen können Produkte so gestaltet werden, dass sie eine lange Lebensdauer haben und leicht zu warten, zu reparieren, aufzurüsten und zu recyceln sind. Strategien für einen nachhaltigen Verbrauch sollten eine Kombination aus der Verringerung des übermäßigen Verbrauchs, dem Umstieg auf nachhaltigere Alternativen und der Verbesserung der Effizienz sein. Suffizienz bedeutet, unnötige Angebote und Nachfrage auf ein Niveau zu begrenzen, das der Umwelt nicht schadet. Dazu sei ein Wertewandel vom Materialismus zum Wohlbefinden notwendig.

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