Trennen statt verbrennen

Abfälle aus der Medizin bringen für die Entsorgung große Herausforderungen mit sich. Der wesentliche Teil wird heute verbrannt.
Foto: bruno; pixabay.com

Wie das Whitepaper „Mit werkstofflichem Recycling zu einer nachhaltigen Medizintechnik – Herausforderungen und Lösungsansätze für die Verarbeitung von Klinikabfällen“ des Fraunhofer IWU zeigt, sind aber Potenziale für das Recycling vorhanden.

Der Gesundheitssektor in Deutschland hat sowohl einen großen Anteil an den Treibhausgasemissionen als auch am Abfallaufkommen. 5,2 Prozent der Emissionen gehen auf das Konto des Sektors. Zwei Drittel davon entstehen durch den Einkauf von Gütern und Dienstleistungen. Das Abfallaufkommen in Kliniken lag 2017 bei 4,8 Millionen Tonnen und dürfte durch die Pandemie noch einmal deutlich angestiegen sein. Ein wesentlicher Faktor sowohl bei den Emissionen als auch beim Abfallaufkommen sind Einwegprodukte. Aufgrund der Anforderungen an die Entsorgung von medizinischen Abfällen werden Einwegprodukte unsortiert verbrannt.

Strenge Regelungen

Medizinprodukte unterliegen strengen gesetzlichen Anforderungen. Neben den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes sind auch europäische Verordnungen wie Reach und RoHS zu beachten. Außerdem ist ein Biokompatibilitätsnachweis erforderlich. Dieser liegt bei offenen Recyclingkreisläufen oft nicht vor. Daher ist ein aufwendiges Zulassungsverfahren notwendig, das Zeit und Geld kostet. Anders sieht es bei geschlossenen internen Recyclingkreisläufen aus. „Durch eine klare Trennung, Kennzeichnung und Verfolgung der Produktionsabfälle inklusive einer dazugehörigen Überwachung und Dokumentation können diese wieder der Produktion zugeführt werden“, so das Fraunhofer IWU.

Abfälle im Gesundheitswesen bestehen zu 75 bis 90 Prozent aus nicht gefährlichen und zu 10 bis 25 Prozent aus gefährlichen Abfällen. Letztere werden in sechs Unterkategorien eingeteilt. Rund 90 Prozent der jährlich in Krankenhäusern anfallenden Abfälle (circa 309.000 Tonnen) fallen in die Abfallklasse B, die kontaminierte, aber nicht infektiöse Abfälle umfasst.

Einwegprodukte in der Medizintechnik bestehen laut Bericht zu 50 Prozent aus Standardkunststoffen wie PE, PP, PS oder PVC. Etwa 20 Prozent sind technische Kunststoffe und 10 Prozent thermoplastische Kunststoffe.

Handel ist notwendig

Das Klimaschutzgesetz zwingt zukünftig auch die Medizintechnik dazu, klimaneutral zu werden. Eine frühzeitige Anpassung sei daher sinnvoll. Eines der größten Probleme für Fehlwürfe bei der Entsorgung in Krankenhäusern seien Produkte, die aus mehreren Materialien bestehen.

„Das zeigt, dass der Aspekt der Entsorgung und des Recyclings nicht in den Entwicklungsprozess einbezogen wurde“, heißt es im Whitepaper.

Rücknahmesysteme entwickeln

Die Trennung ist ressourcen- und kostenintensiv. Daher ist diese Materialtrennung für Krankenhäuser nicht leistbar.

Um mittelfristig das Recyclingpotenzial von Einweg-Kunststoffprodukten in der Medizin nutzen zu können, muss daher das Design entsprechend geändert werden. Nur so könnten Stoffkreisläufe geschlossen und ein hochwertiges Recycling von Kunststoffen sichergestellt werden. Zwar sei der Einsatz von nicht rückverfolgbaren Rezyklaten in Medizinprodukten schwierig, sie könnten aber in anderen Industriezweigen verwertet werden.

Für hochwertige Materialien und langlebige Produkte empfiehlt das Fraunhofer IWU Pfand- und Rücknahmesysteme. Da bei Einwegprodukten der Materialwert sehr gering ist, wird hier ein werkstoffliches Recycling empfohlen. Die Kategorie der kontaminierten, nicht infektiösen Abfälle stellt das größte Aufkommen dar. Diese können potenziell nach einer Dekontamination stofflich verwertet werden. Dazu müsse jedoch die Sammlung und Sortierung angepasst werden. „Die Kategorisierung in Werkstoffgruppen, bestehend aus verschiedenen kompatiblen Kunststoffen, die separat gesammelt werden, bietet die Grundlage für die Herstellung von Mischrezyklaten“, heißt es weiter.

Die Hersteller könnten dazu beitragen, indem sie zum Beispiel nur Kunststoffe aus einer recyclingfähigen Materialgruppe in einem Produkt verwenden. Außerdem könnten die Materialgruppen eindeutig gekennzeichnet werden.

Nachhaltiger beschaffen

Bei den weltweiten Treibhausgasemissionen liegt der Gesundheitssektor noch vor der Schifffahrt und dem Flugverkehr. Diese werden vor allem durch die Beschaffung und den Transport von Waren verursacht. „Mit dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz wurde bereits ein erster Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in der Beschaffung getan.“

Kliniken könnten etwa Produkte aus biobasierten Kunststoffen oder mit anderen nachhaltigen Eigenschaften beschaffen. Zwar gebe es in den Kliniken eine große Bereitschaft, für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Probleme gebe es aber bei der Trennung und Entsorgung von Klinikabfällen. „Ein einheitliches Entsorgungssystem, das klinikübergreifend angewandt wird, könnte für eine Verbesserung des Prozesses sorgen“, so das Fraunhofer IWU. Empfohlen wird ein klinikübergreifendes, einheitliches Entsorgungssystem. Einheitliche und eindeutige Kennzeichnungen und Farbkodierungen könnten bei der Sortierung helfen. Ein System, das noch mehr Trennmöglichkeiten etabliert und entsprechend Platz benötigt, sei jedoch nicht praxistauglich. Das Fraunhofer IWU betont, dass die Einführung eines neuen Systems kurzfristig höhere Kosten verursachen würde. Diese könnten durch den Verkauf der Wertstoffe kompensiert werden.

Für eine werkstoffliche Verwertung der Einwegprodukte sei eine funktionierende und nachhaltige Sterilisation beziehungsweise Dekontamination notwendig. Hierfür müssten entsprechende Verfahren entwickelt werden. Für bestehende Trenn- und Sortierkonzepte müsste die Eignung für medizinische Einwegprodukte nachgewiesen werden. Zudem müsse es in Zukunft gelingen, mithilfe von Zusatzstoffen Blends aus eigentlich unverträglichen Polymeren herzustellen.

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