Feinstpartikel zurück in den Rohstoffkreislauf

Industrielle Prozesse sind unweigerlich mit der Entstehung von feinkörnigen Rückständen verbunden.
Innerhalb von drei Teilprojekten werden organische, metallische und Feinststoffarten untersucht, die zu Zement recycelt werden könnten. Bild: FINEST

Diese finden nur selten den Weg zurück in die industrielle Wertschöpfungskette. In aller Regel werden sie entsorgt und stellen ein potenzielles Umweltrisiko dar. Im Projekt FINEST, koordiniert vom Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), werden verschiedene Feinststoffströme anthropogenen Ursprungs erfasst und untersucht. Die Untersuchungen haben das Ziel neuartige Konzepte für ihre Verarbeitung zu entwickeln, um sie im Kreislauf zu halten und verbliebene Reststoffe gefahrlos abzulagern. Im Rahmen der Sustainability Challenge der Helmholtz-Gemeinschaft konnte sich das Konsortium bestehend aus dem HZDR, dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) und der Universität Greifswald gegen zahlreiche Mitbewerber durchsetzen und erhält 5 Millionen Euro Förderung.

Die Forscher*innen der sechs beteiligten Institutionen beschäftigen sich ab Juli 2022 in dem fünfjährigen Projekt mit Feinststoffen anthropogenen Ursprungs wie Mikroplastik, mineralischen Additiven (Zusatzstoffen) oder metallhaltigen Stäuben, für die es bislang kaum Verwertungsmöglichkeiten gibt. Mittels innovativer Prozesse sollen die derzeit noch sehr niedrigen Verwertungsquoten dieser feinstpartikulären Stoffe erhöht und die verbleibenden Reststoffe unschädlich abgelagert werden, um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft voranzubringen.

Der Ansatz besteht darin, verschiedene Feinststoffströme nicht separat zu behandeln, sondern zu untersuchen, inwieweit eine Mischung die Eigenschaften der Partikel so verändert, dass sie effektiver, effizienter und zu höheren Anteilen verwertet werden können. Innerhalb von drei Teilprojekten werden organische, metallische und Feinststoffarten untersucht, die zu Zement recycelt werden könnten. Materialcharakterisierungen, Erkenntnisse über technologische Prozesse sowie eine technologische und ökonomisch-ökologische Bewertung sollen als Querschnittsaufgaben den Austausch der Teilprojekte untereinander befördern und dadurch insgesamt die Wieder- und Weiterverwertung der Materialien fördern. HIF-Direktor Dr. Jens Gutzmer ist überzeugt: „Mit dem Projekt FINEST steht uns eine Mammutaufgabe bevor. Doch der innovative Ansatz kann einen wichtigen Beitrag für die Kreislaufwirtschaft leisten. Zudem wird die transdisziplinäre Orientierung einen relevanten Impuls in die Industrie geben, sodass die an vielen Stellen entstehenden feinkörnigen Rückstände zukünftig nachhaltig verwertet können.“

Graduiertenschule für effizientes Ressourcenmanagement

Ein wesentlicher Bestandteil der Projektarbeit ist der Aufbau einer Graduiertenschule. In den kommenden fünf Jahren werden zunächst 12 Promovierende zu inter- und transdisziplinären Expert*innen für effizientes Ressourcenmanagement ausgebildet. Neben speziellen fachlichen Angeboten werden den Promovierenden auch interdisziplinäre Kurse wie „Life-Cycle Thinking“, „Industrial Ecology“ oder „Data Management“, aber auch Workshops, in denen das transdisziplinäre Wissen und Verständnis der Studierenden erweitert werden soll, angeboten. Mit dem erlangten fachlichen Wissen und den Transferkenntnissen sollen die Nachwuchskräfte vorzugsweise im industriellen Bereich tätig werden. Der dadurch angestrebte „Transfer über Köpfe“ soll für eine Transformation in Richtung ganzheitlicher Wertschöpfungsketten sorgen und zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen. Die Leitung der Graduiertenschule übernimmt Prof. Dr. Urs Peuker von der TU Bergakademie Freiberg: „Das Zusammenspiel von eigener Forschungstätigkeit und der Vermittlung von zusätzlichem einschlägigem Wissen ist ein wichtiger Baustein für eine holistische Ausbildung unserer jungen Talente. Gerade das Feld der Circular Economy, wo so viele Aspekte zusammenspielen, profitiert wissenschaftlich und technologisch vom Konzept einer Graduiertenschule. Es besteht zudem in diesem Technologiefeld in der Wirtschaft ein sehr hoher Bedarf an exzellenten Fach- und Führungskräften.“

Transfer in die Öffentlichkeit

Der angestrebte Transfer der Erkenntnisse in die industrielle Anwendung wird nicht nur über die Ausbildung von Promovierenden abgedeckt, sondern durch einen Transfer Desk abgesichert. Immerhin 40 % des Gesamtbudgets stehen zur Verfügung, um die Transferaktivitäten mit der Industrie und anderen relevanten Akteuren zu koordinieren. Eine weitere wesentliche Aufgabe des Transfer Desk ist die Vermittlung der gewonnenen Erkenntnisse an die breite Öffentlichkeit. Diese soll über Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen, wie Museen oder Theatern, realisiert werden und zum Thema Ressourcenmanagement sensibilisieren. Das Projekt FINEST ist somit eine ideale Kombination aus wissenschaftlicher Exzellenz und maßgeschneiderter Vernetzung mit einer anwendungsorientierten Ausbildung der nächsten Generation von Führungskräften für die Industrie und den akademischen Bereich. „Mit der Graduiertenschule plant FINEST einen karrierefokussierten Transfer über Köpfe. Weiterer Wissenstransfer wird in der Diskussion regulatorischer Hürden für die Schließung einer großen Lücke in der Kreislaufwirtschaft geleistet. Wir freuen uns auf ein engagiertes Team, das neben der fachlichen Ausbildung der Doktorand*innen auch Intrapreneurship und Entrepreneurship fördert“, so Dr. Björn Wolf, Leiter der Abteilung Technologietransfer und Innovation am HZDR.

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