Reifen-Recycling weiter auf dem Vormarsch

Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 600.000 Tonnen Altreifen an und müssen entsorgt werden.
Bestandteile eines Reifen

Früher wurden die meisten abgefahrenen Reifen verbrannt, heute wird ein Großteil recycelt und in neuen Produkten weiter genutzt – eine positive Entwicklung für die Umwelt mit noch viel ungenutztem Potential.

Angesichts des Klimawandels und knapper natürlicher Ressourcen sollte ein Reifen, der aus vielen wertvollen Komponenten besteht, nicht nur einmal genutzt werden. Unter Hochdruck suchen Akteure der Recyclingbranche deshalb nach neuen Lösungen, wie Reifen im Sinne der Circuar Economy nachhaltig entsorgt werden können. Denn die Entsorgungsproblematik wächst: Reifen dürfen nicht deponiert werden und immer mehr Altreifen werden achtlos in der Natur abgelegt, wo sie großen Schaden anrichten. Auch die Nachfrage nach Altreifen in der Zementindustrie geht stark zurück: Zementwerke, die seit den 1970er Jahren Altreifen als Brennstoffersatz nutzen und lange Hauptabnehmer waren, greifen vermehrt auf andere Heizmaterialien zurück. Im Hinblick auf die Umwelt ist die thermische Verwertung zudem nicht die erste Wahl: in der EU hat die stoffliche Verwertung Vorrang.

Nachhaltiger sind Aufbereitungs- und Verarbeitungstechniken, mit denen die kostbaren Bestandteile von Altreifen wieder in den Wertstoffkreislauf gelangen und länger genutzt werden können. Wissenschaft und Wirtschaft erschließen deshalb immer mehr Recyclingverfahren für Altreifen – von der Runderneuerung über die Granulierung und Feinvermahlung bis hin zur Pyrolyse und Devulkanisation. Erfolge sind bereits zu sehen: In den letzten Jahren hat das stoffliche Recycling von Altreifen stetig zugenommen; die thermische Verwertung nimmt dagegen immer mehr ab. Nach Angaben des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie (wdk) machte der Anteil der thermisch verwerteten Reifen im Jahr 2000 noch über 50 Prozent aus, im Jahr 2019 waren es nur noch 34 Prozent – Tendenz sinkend. Experten gehen davon aus, dass der Anteil der thermisch verwerteten Reifen auch in Zukunft weiter sinken wird. Ganz anders ist der Trend bei der stofflichen Verwertung: Während der Anteil der stofflich verwerteten Reifen im Jahr 2000 bei etwa 40 Prozent lag, wurden im Jahr 2019 gut 68 Prozent auf diese Weise verwertet – Tendenz steigend. Zur stofflichen Verwertung gehört die Verarbeitung von Reifen in Granulate und Mehle, die wiederum als Werkstoffe in neuen Produkten weiterverarbeitet werden. Im Jahr 2019 wurden 251.000 Tonnen Granulate und Gummimehl aus Altreifen produziert.

Stoffliche Verwertung auf dem Vormarsch

Als einzige Verbindung zwischen Fahrzeug und Straße müssen Reifen hohen Kräften standhalten. Aus diesem Grund bestehen sie aus besonders widerstandsfähigen Materialien. Reifen enthalten 800 bis 900 verschiedene Substanzen. Hauptbestandteil ist Gummi, hinzu kommen Füllstoffe wie Ruß und Kieselsäure, Festigkeitsträger wie Stahl und Polyester sowie Chemikalien wie Schwefel und Zinkoxid. Aufgrund der komplexen Zusammensetzung ist die Verwertung von Reifen aufwendig und gehört in die Hände von Fachleuten. Bei der stofflichen Verwertung werden Altreifen in Schredder- und Granulat-Anlagen zerkleinert und zu Gummimehl oder -granulat verarbeitet.

Reifenrezyklate haben viele positive Eigenschaften und sind deshalb flexibel einsetzbar. Ob als Bodenbeläge, Asphaltzugabe, Antirutschmatten, Rampen, Wegeinfassungen, Schallschutzwände, Dichtmasse oder Lampen und Vasen – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Produkte aus Reifenrezyklat sind langlebig und ein gutes Beispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, in der Produkte möglichst lange und effizient verwendet werden – ohne neue Abfälle zu produzieren. Die Partner der Initiative NEW LIFE verarbeiten Altreifen zu Gummimehl oder -granulat bzw. produzieren aus diesen Sekundärrohstoffen neue Produkte. Wenn möglichst viele Altreifen stofflich verwertet werden, können Ressourcen geschont und die vielen wertvollen Bestandteile von Reifen sinnvoll weiter genutzt werden.

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