Chinesischer Einfluss auf Altpapierbranche bleibt

Die Entwicklungen auf dem internationalen Altpapiermarkt seit Chinas Importstopp und dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie war ein Topthema auf dem 23. Internationalen Altpapiertag des bvse-Fachverbandes Papierrecycling.
Foto: Joujou; pixelio.de

Bis zum Jahr 2017 stand China als Riesenimportmarkt im globalen Zentrum der Altpapierbranche. Rund 28 Millionen Tonnen Altpapier aus aller Welt wurden bis zum Importstopp jährlich ins Reich der Mitte exportiert. Mehrere 10.000 Container qualitativ hochwertigen Altpapiers verschiffte auch die Hamburger Melosch Export GmbH im Jahresdurchschnitt dorthin – bis die neue grüne umweltpolitische Marschrichtung der chinesischen Regierung dem einen harten Riegel vorschob. Neue Märkte und Lösungen für den Absatz von überschüssigem Altpapier mussten gefunden werden.

Der chinesische Markt sortierte sich neu

Der Papier- und Zellstoffsektor in China stopft die seit dem Altpapierimportverbot entstandene „Faserlücke“ durch eine Erhöhung des Frischfaserverbrauchs und einer Ausweitung der Importe von Recycling-Zellstoff (recycled pulp) um 40 % in 2020. Zudem wurde die inländische Altpapiererfassung verbessert und Investitionen in Papier- und Kartonkapazitäten in Südostasien und den USA getätigt, schilderte Hannah Zhao, Senior Economist für Altpapier bei RISI, die Entwicklung auf dem chinesischen Markt.

Die Produzenten von Recycling-Zellstoff in den asiatischen Nachbarstaaten zu China benötigen dafür Altpapier. Ca. 8 Mio. Tonnen neue Produktionskapazitäten werden erwartet. Entsprechend wird China mit den Importen von Recycling-Zellstoff und Containerboard für seine Standorte die globalen Altpapiermärkte auf alle Fälle weiterhin wesentlich beeinflussen, hob Zhao hervor.

Und wie reagierte die globale Altpapierbranche?

Der globale Altpapiermarkt musste sich neu ausrichten. Neue Partner wurden gesucht – und gefunden. Mittlerweile konzentriert sich die Altpapierausfuhr aus den USA und Europa auf die wachstumsorientierten Länder in Südostasien und Indien, bestätigte der Präsident der Global Recycling Foundation, Ranjit S. Baxi, auf dem 23. Internationalen Altpapiertag des bvse am 22. April 2021.

Branche in Südostasien und dem asiatischen Subkontinent boomt

Die Nachfrage nach Altpapier in Südostasien und Indien ist hoch. Gemäß Kelly McNamara, Senior Market Analyst, Numera Analytics, Kanada, kommt es in Südostasien zwischen 2020-2023 zu Kapazitätsausweitungen allein im Bereich Verpackungspapier von ca. 12,5 Mio. Tonnen. In Indien, das sich mittlerweile auch zum Hub für die Nachfrage nach Kraftpapiersorten aus China entwickelt hat, gibt es mittlerweile über 600 Papierfabriken, die weltweit vernetzt neue Produktionskapazitäten schaffen, so Baxi.

In den aufstrebenden Wachstumsmärkten boomt der e-Commerce. Und mit ihm die Nachfrage nach Wellpappenrohpapier für Verpackungen. Beschränkungen und Verbote für Einwegkunststoffe und -verpackungen heizen die Nachfrage nach papierbasierten Verpackungslösungen in den neuen Hauptabnehmerländern zusätzlich an.

Altpapier wichtiger Faktor für CO2-Reduktion

Altpapier ist die Wichtigste und vor allem nachhaltige Quelle für das hierzu dringend benötigte Fasermaterial. „Mit einer Milliarde Tonnen CO2-Einsparpotenzial spielt das Altpapierrecycling eine nicht unerhebliche Rolle bei den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Klimakrise und dem politischen Willen nach grünen Lösungen“, erklärte Baxi.

Doch obwohl mit Indien, Malaysia, Vietnam, Indonesien und Thailand mittlerweile neue Partner in Asien gefunden wurden, birgt die Lage für die Altpapierbranche in der EU noch viele Unsicherheiten. Denn mit der COVID-19-Pandemie wurden die weltweiten Altpapiermärkte in 2020 von einem „Tsunami“ überrollt, der vieles auf den Kopf stellte.

EU-einheitliche Vorgehensweise erforderlich

In den Höhen und Tiefen mit großen Schwankungen am Markt habe sich die europäische Altpapierbranche als resilient erwiesen, erklärte CEPI-Experte Ulrich Leberle. Jedoch seien noch viele Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den wachsenden Verpackungsmarkt, zu meistern. Essenzieller Schlüssel zum Erfolg sei ein gemeinsames Verständnis in der EU für die Erfassung, Sortierung und Qualität von Altpapier, machte Leberle deutlich.

Freier und fairer Welthandel essenziell

„Die Berechenbarkeit am Markt ist verlorengegangen“, erklärt der Geschäftsführer der Melosch Export GmbH, Andreas Otto. Zwar sei angesichts der hohen Nachfrage nach Altpapier das Preisniveau gestiegen, jedoch belasten zusätzlicher Bürokratieaufwand und derzeit astronomisch gestiegene Fracht- und Logistikkosten für Containerplätze den Finanzhaushalt der Branchenunternehmen weit über Gebühr.

Auf den weiteren Verlauf auf dem asiatischen Kontinent blickt das Mitglied im bvse Fachverband Papierrecycling mit Spannung: „Die Entwicklung in Übersee birgt Chancen und Risiken“, erklärte Andreas Otto. Das Wichtigste sei, und hier waren sich alle Experten einig, dass der freie und faire Welthandel weiterhin offen bleibe.

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