EU-Forschungsprojekt Carbon4PUR erfolgreich abgeschlossen 

Wie lassen sich Gasgemische aus der Industrieproduktion sinnvoll nutzen, um chemische Bausteine herzustellen und gleichzeitig Erdöl einzusparen? Das Forschungskonsortium des Projekts Carbon4PUR hat darauf Antworten gefunden. Nach rund dreieinhalb Jahren Forschungsarbeit wurden nun die finalen Ergebnisse vorgestellt.
Dämmplatten aus Polyurethanhartschaum auf Basis der Carbon4PUR-Technologie. Bild: Covestro

In dem von der Europäischen Union geförderten, branchenübergreifenden Projekt (Fördervereinbarungs-Nr. 768919) haben 14 industrielle und akademische Partner aus sieben Ländern eine neue Technologie erforscht. Diese soll es ermöglichen, Gasströme aus Stahlwerken in der Polyurethanproduktion einzusetzen. Das vom Werkstoffhersteller Covestro geführte Konsortium untersuchte dabei, wie kohlenstoffmonoxid (CO) – und -dioxid (CO₂) -haltiges Hochofengas aus der Stahlherstellung als Kohlenstoffquelle für Polyole genutzt werden kann. Polyole sind Vorprodukte und Schlüsselkomponenten von Dämmstoffen und Beschichtungen auf Polyurethanbasis und werden üblicherweise aus Erdöl gewonnen.

Das Fazit: Ökologisch wie ökonomisch wurde die neue Technologie als vorteilhaft bewertet. „Vermeintliches Abgas lässt sich ein weiteres Mal als Wertstoff effizient nutzen und in den Kreislauf zurückführen: Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben das Potenzial, Produktionsprozesse zu revolutionieren. Das ist eine großartige Erkenntnis und ein bedeutender Meilenstein hin zur Kreislaufwirtschaft. Alternative Rohstoffe werden Realität“, sagt Dr. Markus Steilemann, Vorstandsvorsitzender von Covestro.

Neuartiges Polyol aus Gasgemisch herstellbar
Holzlackierung auf Basis der Carbon4PUR-Technologie mit Kohlenstoffmonoxid. Bild: Covestro

Ein zentraler Erfolg von Carbon4PUR ist die Identifizierung neuartiger Katalysatoren, die die Herstellung neuer Polyole ermöglichen. Mit Hilfe dieser Katalysatoren ist es den Forschungspartnern gelungen, Polyole unter Einsatz von kohlenstoffmonoxid (CO) -haltigen Gasgemischen im Labormaßstab herzustellen. In dem neuartigen Vorprodukt konnten 27 Prozent CO gebunden werden.

Die aus Carbon4PUR gewonnenen Erkenntnisse könnten auch die von Covestro entwickelte CO₂-Technologie erweitern. Das mit Hilfe der derzeitigen CO₂-Technologie entwickelte nachhaltige Polyol cardyon® enthält bis zu 20 Prozent Kohlenstoffdioxid statt Erdöl. Es wird beispielsweise für die Herstellung von Polyurethan-Weichschaum in Matratzen, von Bindemitteln für Sportböden oder von elastischen Fasern eingesetzt. Mit dem neuen Wissen könnte die Technologie möglicherweise auf die Nutzung CO₂-haltiger Gasgemische wie Hochofengas aus der Stahlherstellung erweitert werden.

Erkenntnisse als Basis für zukünftige Forschung & Entwicklung
Eine Hartschaumdämmplatte geschäumt im industriellen Maßstab vom Projektpartner Recticel aus Belgien. Bild: Covestro

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die Carbon4PUR-Techologie erfolgreich im semi-industriellen Maßstab umgesetzt. Erste Anwendungsbeispiele konnten bereits von der Geschäftseinheit Dämmung des Unternehmens Recticel (Belgien) und vom Chemiekonzerm Megara Resins (Griechenland) demonstriert werden. Beide Unternehmen haben Produkttests auf Basis der Forschungsergebnisse durchgeführt. „Wir haben gezeigt, dass Polyole, die auf der neuen Carbon4PUR-Technologie basieren, erfolgreich in Hartschaumstoffe eingearbeitet werden können, um Dämmplatten mit technischen Spezifikationen herzustellen, die mit dem aktuellen Marktstandard vergleichbar sind“, sagt Dr. Geert Snellings, Innovation Manager bei Recticel. Megara Resins ist es gelungen, die neuen Polyole in wässrigen Polyurethan-Dispersionen für Holzbeschichtungen zu verarbeiten.

Darüber hinaus hat die RWTH Aachen im Rahmen von Carbon4PUR die Akzeptanz von Carbon-Capture-and-Utilisation (CCU) am Beispiel von Dämmplatten in einer wissenschaftlichen Studie untersucht. Der Begriff steht für die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid und die Verwendung für weitere chemische Prozesse. „Wir haben festgestellt, dass die Öffentlichkeit noch viel zu wenig über die CCU-Technologie weiß. Wenn die Endverbraucher jedoch ausreichend informiert werden, zeigt sich eine generell positive Einstellung“, erklärt Prof. Dr. Martina Ziefle vom Lehrstuhl für Communications Science an der RWTH Aachen. „Dennoch besteht weiterhin die Notwendigkeit, den Bekanntheitsgrad von CCU zu erhöhen, um die Akzeptanz der Technologie und des Produkts zu stärken.“

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