EU erzielt Einigung über nachhaltiges Finanzwesen

Die EU wird bald über ein gemeinsames Klassifikationssystem verfügen, das Anreize für private Investitionen in nachhaltiges Wachstum bietet und zu einer klimaneutralen Wirtschaft beiträgt.

Die EU-Botschafter haben heute eine Einigung zwischen dem finnischen Ratsvorsitz und dem Europäischen Parlament über ein EU-weites Klassifikationssystem – auch Taxonomie genannt – gebilligt, das Unternehmen und Investoren eine gemeinsame Terminologie an die Hand gibt, sodass sie erkennen können, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig angesehen werden können.

Die Taxonomie ermöglicht es Investoren, ihre Investitionen auf nachhaltige Technologien und Unternehmen zu verlagern. Sie wird entscheidend dazu beitragen, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird und die Ziele des Pariser Übereinkommens für 2030 erreicht. Dazu zählt eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 %, wofür die EU nach Schätzungen der Kommission eine Investitionslücke von rund 180 Mrd. € pro Jahr schließen muss.

Derzeit gibt es kein gemeinsames Klassifikationssystem auf europäischer oder globaler Ebene, das ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten definieren würde. Mit der vorgeschlagenen Verordnung sollen zwei Herausforderungen angegangen werden:

  • weniger Fragmentierung aufgrund von marktgestützten Initiativen und einzelstaatlichen Verfahren;
  • weniger „Greenwashing“, d. h. die Praxis, Finanzprodukte als „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ zu vermarkten, obwohl sie in Wirklichkeit nicht den grundlegenden Umweltstandards entsprechen.

Der künftige Rahmen beruht auf sechs umweltpolitischen Zielen der EU:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Um als ökologisch nachhaltig zu gelten, müssen Wirtschaftstätigkeiten die folgenden Anforderungen erfüllen:

  • wesentlicher Beitrag zu mindestens einem der sechs oben angeführten Umweltziele,
  • keine wesentliche Beeinträchtigung eines der Umweltziele,
  • Durchführung unter Beachtung der sozialen Mindeststandards,
  • Einhaltung spezifischer technischer Evaluierungskriterien.

Investitionen in Kohle werden nicht als ökologisch nachhaltig betrachtet. Ferner wird am Konzept der Neutralität in Bezug auf die verschiedenen Energieformen festgehalten, sofern diese Energien geringe Treibhausgasemissionen verursachen.

Die Taxonomie umfasst auch die beiden Unterkategorien „förderliche Tätigkeiten“ und „Übergangstätigkeiten“. Bei jedem Finanzprodukt muss künftig offengelegt werden, welcher Anteil in diese förderlichen Tätigkeiten und Übergangstätigkeiten investiert wird.

Auf dieser Grundlage wird die Kommission beauftragt, die tatsächliche Klassifikation zu erstellen, indem sie im Wege delegierter Rechtsakte technische Evaluierungskriterien für jedes einzelne Umweltziel und für jeden einzelnen Sektor festlegt.

Die Kommission wird von einer technischen Expertengruppe, der „Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen“, unterstützt, die bei der Entwicklung und Überarbeitung der technischen Evaluierungskriterien und bei der Überprüfung ihrer Tauglichkeit berät. Die Plattform wird die Kommission auch in der Frage beraten, ob weitere Ziele verfolgt werden müssen, und entsprechende Kosten-Nutzen-Analysen erstellen. Überdies wird die Kommission von einer aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehenden Expertengruppe in Bezug auf die Eignung der technischen Evaluierungskriterien und den Ansatz, den sie diesbezüglich verfolgen sollte, beraten.

Die Taxonomie für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel soll bis Ende 2020 erstellt werden, damit sie ab Ende 2021 in vollem Umfang angewandt werden kann. Für die vier anderen Ziele soll sie bis Ende 2021 erstellt und ab Ende 2022 angewandt werden.

Nach dem Verfahren der „frühzeitigen Einigung in zweiter Lesung“ wird die neue Regelung im Anschluss an die Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen.

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