BDE: Steuerrecht konterkariert Umweltrecht

Durch einen neuen EuGH-Beschluss zum Energiesteuerrecht drohen laut dem Verband negative Konsequenzen für Müllverbrennungsanlagen.

Bisher schien jedem klar zu sein: Müllverbrennungsanlagen beseitigen unseren Abfall, die besonders effizienten unter ihnen stellen Energie in Form von Strom und Wärme bereit. Nunmehr lässt ein neuer Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17.12.2015 befürchten, dass Müllverbrennungsanlagen fortan auf den Einsatz von beispielsweise Öl oder Gas zum Befeuern der Anlagen Energiesteuer bezahlen müssen. Der Einsatz dieser Energieträger zur Stützfeuerung entspricht den Anforderungen der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung und Industrieemissionsrichtlinie, ist also nach europäischem Umweltrecht zwingend vorgeschrieben. Müllverbrennungsanlagen nutzen diese Energieträger, um ihre Anlagen auf Betriebstemperatur hochzufahren. Erst ab Erreichen einer Verbrennungstemperatur von 850 °C dürfen Abfälle dem Verbrennungsprozess zugegeben werden. Folgt das Bundesfinanzministerium (BMF) der im Verfahren vor dem EuGH vertretenen Auffassung der Europäischen Kommission, würde die Steuer fällig werden, weil die zur Unterstützungsfeuerung des Brennprozesses eingesetzten Energieträger nur als Heizstoff zur Entsorgung des Abfalls verwendet werden.

Der BDE hat den knappen Beschluss des EuGH als enttäuschend bezeichnet. Einerseits suggeriert er, eine Steuerentlastung setze voraus, dass Energieerzeugnisse wie Gas oder Öl in einem Herstellungsprozess verbrannt werden. Andererseits lässt der Beschluss viele Fragen offen. Der BDE appelliert deshalb an das BMF, seinen Ermessensspielraum in der Auslegung der EuGH-Entscheidung zu nutzen und insbesondere ökologisch vorteilhafte Anlagen gegenüber reinen Beseitigungsanlagen nicht schlechter zu stellen.

Das BMF erkennt bislang für Müllverbrennungsanlagen neben der Verwendung der Energieerzeugnisse als Heizstoff auch die Verwendung zur Beseitigung des Schadstoffpotenzials des Abfalls und damit zweierlei Verwendungszwecke an. Für eine Steuerbefreiung fordert es jedoch die Darlegung im Einzelfall, dass der Zweck der Schadstoffbeseitigung überwiegt. Pauschal anerkannt wird das nur für Abfallbeseitigungsanlagen, die Müll lediglich verbrennen ohne dessen energetisches Potential zu nutzen.

BDE-Präsident Peter Kurth: „Sämtliche Müllverbrennungsanlagen in Deutschland verfügen über den sogenannten Verwerterstatus und gewinnen aus der Verbrennung von Abfällen Energie etwa zur Strom- oder Wärmeerzeugung. Diese Entwicklung war vom Gesetzgeber gewollt und ist aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutzes zu begrüßen. Es liegt nun in der Hand des Bundesfinanzministeriums, die Grundlagen dafür zu schaffen, das umweltpolitisch Gewollte nicht über den Weg der Steuerpolitik zu gefährden.“

Denkbar sei etwa, so Peter Kurth, die bisher vom Bundesfinanzministerium geübte Praxis, wonach Anlagen dann keine Energiesteuer bezahlen müssen, wenn sie den Nachweis erbringen, vorrangig das Schadstoffpotenzial der Abfälle zu beseitigen, aufrechtzuerhalten und diese Eigenschaft für die innovativen und energieeffizienten Anlagen anzuerkennen.

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