Entscheidende Phase

Die Diskussion um die gewerbliche Sammlung von Haushaltsabfällen tritt aus Sicht des Münsteraner Rechtsprofessors Martin Beckmann nun in eine "ganz entscheidende Phase". Die Frage sei, wie die Gerichte entscheiden werden, erläuterte Beckmann auf der bvse-Jahrestagung in Dresden. Die Lage ist nach seiner Meinung keineswegs aussichtslos für private Unternehmen: In den vergangenen Jahren hätten fast alle Oberrichter einen wirtschaftsfreundlichen Kurs gefahren.

Die Obergerichte hätten nach dem so genannten Altpapierurteil aus 2009 dem Bundesverwaltungsgericht die Gefolgschaft verweigert, merkte der Rechtsprofessor an. Es werde nun um die Frage gehen, wie die Richter das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz auslegen werden. Es sei sicherlich so, dass die Kommunen das vorrangige Zugriffsrecht auf die Abfälle haben, aber es gebe auch erhebliche Spielräume. 

Beckmann verwies unter anderem auf die Interpretation der Gebührenstabilität. Hier werde es auf das Maß aufkommen. So dürfte eine Gebührenerhöhung um 5 Prozent nicht ausreichen, um die Stabilität zu gefährden. Ferner kommt es aus seiner Sicht auf die Abfallmenge an, die gewerblich gesammelt werden soll. Nicht jede Teilmenge von der Gesamtmenge sei geeignet, um das öffentliche Interesse zu gefährden. „Es wird meines Erachtens auf das Abfallwirtschaftskonzept der Kommune ankommen“, sagte Beckmann.

Deutliche Kritik äußerte der Jurist am Ziel „Bürokratieabbau“, das mit dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz verfolgt wird. „Wir werden mehr Regeln bekommen und deshalb tendenziell mehr Bürokratie haben“, sagte er. Die Anzeigepflicht für die gewerbliche Sammlung sei ein „neues bürokratisches Erlebnis“. Es gebe einen bunten Strauß von Reaktionen der Kommunen auf die Anzeigen. Manche Behörden reagierten gar nicht, manche würden nachfragen und andere wiederum vierstellige Beträge in Rechnung stellen. Das ziehe gegebenenfalls hohe Kosten nach sich, erst recht für jene Unternehmen, die „hunderte von Anzeigen“ eingereicht hätten. Und es resultiere ein „riesenbürokratischer Aufwand“.

Die  Neutralität der Behörden sieht Beckmann nicht gewährleistet. „Da wird der zuständige Zweckverband angeschrieben, der sagt, warum er nicht glücklich ist über die gewerbliche Sammlung, und genau das wird dann in den Bescheid der Behörde übernommen.“ 

Interessant sei indes der Umstand, dass sich nach dem neuen Gesetz gemeinnützige Sammlungen der Hilfe eines privaten Entsorgers bedienen könnten. Möglicherweise könnte sich daraus ein vernünftiges Geschäftsmodell für private Unternehmen entwickeln, so Beckmann. Noch zu klären sei, wie der angemessene Gewinn zu interpretieren ist, den Privatunternehmen in einer solchen Kooperation erzielen dürfen. Das öffentliche Preisrecht könne hierfür nicht herangezogen werden. Möglich sei eine Regelung, dass vom übrig gebliebenen Gewinn der gemeinnützige Partner einen bestimmten Anteil bekomme. Den Rest bekomme der Private.

Kritik an den angeblich vierstelligen Beträgen, die einzelne Kommunen privaten Entsorgern für die Anzeige der gewerblichen Sammlung in Rechnung stellen, äußerte auch Helge Wendenburg, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz im Bundesumweltministerium. Er empfahl, in solchen Fall eine Begründung bei den Behörden einzuholen. Der BMU-Vertreter hielt den Ländern vor, den Behörden keine Vorgaben für den Umgang mit den Anzeigen zu machen. „Von den Ländern kommt keine Aussage, was die Behörden machen sollen.“

Wendenburg bekräftigte das Vorhaben des Bundesumweltministeriums, einzelne Stoffstromverordnungen auszuarbeiten. Neben dem geplanten Wertstoffgesetz verwies er auf die Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe, die sein Haus in der kommenden Woche „in die Diskussion“ geben werde. Auch die Altholzverordnung habe Regelungsbedarf. Dort gelte noch der Gleichrang von stofflicher und energetischer Verwertung.

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