Neues Recyclingverfahren für teerhaltigen Straßenaufbruch

Fraunhofer Umsicht hat ein Niedertemperaturverfahren für die Aufbereitung von teerhaltigem Straßenaufbruch entwickelt.
Eine Demonstrationsanlage für die thermische Aufbereitung von teerhaltigem Straßenaufbruch wird seit April 2024 bei Fraunhofer UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg betrieben. Die Anlage mit einer Kapazität von 500 kg / h dient als Vorstufe für industrielle Anlagen Copyright: Fraunhofer Umsicht

Eine mit Fraunhofer-Eigenmitteln finanzierte Demonstrationsanlage wird seit April 2024 am Fraunhofer-Institut Umsicht in Sulzbach-Rosenberg betrieben. Die erste Projektierung für eine industrielle Anlage soll Ende 2024 in Zusammenarbeit der Grenzebach BSH GmbH mit Eurovia starten.

Derzeit werden in Deutschland mehrere Anlagenprojekte für das Recycling von pech- bzw. teerhaltigem Straßenaufbruch entwickelt. Der Bedarf an Aufbereitungskapazitäten für die bis zu 3 Millionen Tonnen Material, die jährlich anfallen, ist groß. Die Deponierung ist kostenintensiv und für die thermische Behandlung existieren europaweit aktuell nur zwei Anlagen in den Niederlanden. Nun hat Fraunhofer eine Aufbereitungstechnologie vorgestellt, die mit niedrigen Temperaturen auskommt.

Prof. Dr.-Ing. Matthias Franke, Leiter des Institutsteils Sulzbach-Rosenberg von Fraunhofer Umsicht sagt: »Mit unserem Prozess lässt sich die Temperatur für eine sichere Dekontamination von teerhaltigem Straßenaufbruch deutlich reduzieren. Dadurch wird die Mineralik schonend behandelt, was den Wiedereinsatz in hochwertigen Anwendungen ermöglicht. Insgesamt verbessert sich so die Wirtschaftlichkeit.«

Zweistufiges Niedertemperatur-Verfahren

Das von Fraunhofer entwickelte und patentierte Verfahren arbeitet im Dauerbetrieb bei Temperaturen von ca. 400 Grad Celsius. Es kombiniert eine Unterdruck-Pyrolyse mit dem oxidativen Cracking von schwerflüchtigen Kontaminanten. In den bisherigen Versuchen konnten die PAK-Gehalte damit zuverlässig bis unter die Nachweisgrenze gebracht werden. Gleichzeitig bleiben aufgrund der niedrigen Temperatur die werkstofflichen Eigenschaften der Mineralik wie Druckfestigkeit, Zertrümmerungswiderstand und Partikelgröße erhalten. So kann das rückgewonnene Material als Sekundärrohstoff für hochwertige Anwendungen (z. B. als Binder- und Deckschichten im Straßenbau) genutzt werden.

Die beim Dekontaminationsprozess entstehenden Dämpfe werden von Staubpartikeln gereinigt und in ein Kühlsystem weitergeleitet. Teile des Dampfes kondensieren als Pyrolyseöl aus und werden abgetrennt. Das Öl kann bei Bedarf energetisch genutzt werden. Auch eine stoffliche Verwertung, zum Beispiel als Grundstoff für Bindemittel ist denkbar. Mit dem verbleibenden Gas wird in einer Hochtemperatur-Brennkammer bei ca. 1200 Grad Heißgas für die Beheizung der Anlage erzeugt. Etwaige Restkontaminationen werden in dieser Stufe vollständig zerstört.

Derzeit wird der Langzeitbetrieb des Verfahrens in der Fraunhofer Demonstrationsanlage erprobt. Die Versuchskampagnen dienen dazu, den Prozess zu optimieren und für die industrielle Anwendung vorzubereiten. Es werden Langzeitdaten zur Energiebilanz, der Qualität der Mineralik und dem Emissionsverhalten gesammelt. Ziel ist es, eine fundierte Datenbasis für Genehmigungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Ökobilanzierung und die Hochskalierung zu erzeugen.

Fraunhofer Projektpartner für Industrialisierung: Grenzebach BSH

Die Firma Grenzebach BSH ist ein Unternehmen für Prozess- und Anlagentechnologien, deren Tradition in der Verfahrenstechnik und der Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen wurzelt. Grenzebach BSH ist Teil der international tätigen Grenzebach Gruppe, hat langjährige Erfahrung mit Hochtemperaturprozessen und hat die von Fraunhofer patentierte Technologie lizensiert. Die Projektierung der ersten industriellen Anlage mit dem Fraunhofer-Verfahren ist i2024 am Asphaltmisch- und Recyclingwerk der Firma EUROVIA in Oberhausen / Nordrhein-Westfalen geplant. Vorgespräche mit Landesregierung und Genehmigungsbehörden sind bereits angelaufen.

Bernd Rudolph, Senior Vice President Business Development Building Materials Technology der Grenzebach BSH GmbH sagt hierzu: »Für die Genehmigung sind verlässliche Daten enorm wichtig – das wissen wir von anderen Pilotprojekten im Recyclingsektor. Ein strategisches Vorgehen ist das A und O: Wir erfassen und analysieren zunächst die Betriebsdaten, welche wir durch das Betreiben der Demonstrationsanlage bei Fraunhofer sammeln. Anschließend erfolgt das Upscaling zur industriellen Pilotanlage durch Grenzebach, um die relevanten Daten zu ermitteln. Wir freuen uns, unsere Recyclingexpertise erneut bei einem Forschungsprojekt einbringen zu können, Recyclingprozesse weiterzudenken und die Zukunft nachhaltig zu verändern.«

Gemeinsam mit Fraunhofer soll im Verlauf der Zusammenarbeit auch ermittelt werden, für welche weiteren Anwendungsbereiche und Einsatzstoffe das Verfahren noch eingesetzt werden könnte. Aussichtsreich sind andere teer- bzw. PAK-haltige Materialien wie teerhaltige Dachbahnen aus Altbeständen, Bahnschwellen oder Ölsande.

Aufbereitungskapazitäten für PAK-Straßenaufbruch in Deutschland benötigt

Beim Rückbau von Straßen fallen deutschlandweit jährlich mehr als 3 Millionen Tonnen mit Teer belastetem Straßenaufbruch an. Seit 2018 ist ein Wiedereinbau in Bundesfernstraßen nicht mehr zulässig. Der Großteil des Materials muss daher kostenintensiv auf Deponien gelagert werden, wodurch Deponieraum knapp wird und wertvolle Ressourcen verloren gehen.

Aktuell existieren lediglich zwei thermische Behandlungsanlagen für teerhaltigen Straßenaufbruch in den Niederladen. Dort wird das Material bei Temperaturen von 850 bis 1000 Grad verbrannt. Die hohe Temperatur kann sich negativ auf die Schlag- und Druckfestigkeit der Gesteinskörnung auswirken. In der Folge kann das Material nicht oder nur eingeschränkt für die oberen Tragschichten im Straßenbau oder anderen Hochbauanwendungen eingesetzt werden.

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