Ergebnisse einer Mischtextilanalyse von Alttextilien

Das Center Textillogistik der Hochschule Niederrhein hat eine Sortieranalyse von Alttextilien durchgeführt.
Foto: Center Textillogistik der Hochschule Niederrhein

Fragestellung war, wie die Kenntnisse über Mischfasern und deren Einsatz in Bekleidungs­produkten faserspezifische Recyclingprozesse unterstützen können, um einen geschlossenen textilen Kreislauf zu fördern. Grundlage für die Überlegungen zu dieser Untersuchung waren die bisher unzureichende Datenlage dieses Stoffstroms und die erforderliche Adaption an aktuelle und in der Forschung befindliche Faser-zu-Faser-Textilrecyclingverfahren. Die Qualität des Outputs entsprechender Systeme richtet sich maßgeblich nach der Beschaffenheit und Zusammensetzung der Input-Materialien und damit, neben sortenreinen Textilabfällen, der gesamten Bandbreite der gemischten Alttextilien.

Die effiziente Nutzung und Wiederverwendung der bereits produzierten Fasern stellt einen verhältnismäßig großen Bestandteil der Vermeidung und Verminderung von Umweltbelastungen dar. Innerhalb der Textilproduktion werden Mischtextilien, auch Multi-Materialien genannt, aufgrund der kombinierten und vorteilhaften Eigenschaften der einzelnen Werkstoffe verwendet. Im Gegensatz zu der Verwendung von Mono-Materialien, also Textilien aus einer Materialkategorie, können mithilfe von Mischfasern bessere Funktionen der textilen Flächen erzielt werden. Darüber hi­naus hat die Materialkombination auch einen positiven Einfluss auf die Waschbeständigkeit, die Trageeigenschaften und die Langlebigkeit der textilen Produkte.

Die Verwendung von Mischfasern wirkt sich jedoch nachweislich negativ auf die Kreislauffähigkeit im Sinne der stofflichen Verwertung aus. Im Zuge des multidimensionalen Faser-zu-Faser-Recyclings ist es daher notwendig, insbesondere diese Multi-Materialien gesondert zu betrachten und zu analysieren. Die Bestimmung und Trennung von einzelnen Materialfraktionen werden allgemein als wichtige Aspekte für die Sortierung und Aufbereitung im Sinne der stofflichen Verwertung eingestuft, um die Verwendung als Sekundärrohstoffe zu gewährleisten. Dies betrifft sowohl mechanisch als auch chemisch ausgerichtete Recyclingverfahren.

Daraus lässt sich ableiten, dass die komplexe Zusammensetzung von textilen Produkten zwangsläufig mit in die Diskussion der textilen Kreislaufwirtschaft einbezogen und verstärkt thematisiert werden sollte. Dies geht unter anderem einher mit dem Vorschlag der europäischen Ökodesign-Verordnung, die im Zuge der EU-Textilstrategie von der Europä­ischen Kommission im Kontext des Aktionsplans Kreislaufwirtschaft 2022 (2009/125/EC) veröffentlicht worden ist und bis 2030 umgesetzt werden soll. Demzufolge soll auf europäischer Ebene ein voraussichtlich verpflichtender Einsatz von Rezyklaten in textilen Produkten festgelegt werden. Ein weiteres Ziel ist die Optimierung und anschließende Reglementierung der gesamtheitlichen Recyclingfähigkeit von Textil- und Bekleidungsprodukten. Korrelierende Umsetzungsmaßnahmen von EU-Staaten werden insbesondere in den Niederlanden und in Frankreich bereits ausgestaltet.

Materialspezifische Erkenntnisse

Die Analyse der Mischtextilien wurde anhand der vorhandenen Pflegeetiketten manuell durchgeführt. Aufgrund der Quantität stellt diese Analyse keine repräsentative Erhebung dar. Aufgrund der unzureichenden Datenlage der Forschung in diesem Bereich können die Ergebnisse dennoch als Basis für umfangreichere Vorhaben fungieren. Zugleich konnte keine Differenzierung hinsichtlich der spezifischen Verarbeitung von Multi-Materialien innerhalb des jeweiligen Produktes erfasst werden. Bisher muss auf Produktetiketten laut Textilkennzeichnungsverordnung nicht detailliert angegeben werden, ob es sich bei den Mischmaterialien um eine Verwendung von Garn aus Multi-Materialien oder der Kombination von unterschiedlichen Materialien innerhalb von verschiedenen Stoffschichten eines Produktes handelt. Hervorzuheben ist, dass 15 Prozent der untersuchten Produkte eine Stoffschicht enthielten.

Für die Erhebung wurden ausschließlich, wenn vorhanden, die Obermaterialien analysiert, da diese einen verhältnismäßig hohen Anteil von Multi-Materialien im Gegensatz zum Unterstoff und der Füllung aufwiesen. Die durchgeführte Analyse von rund 900 Bekleidungsprodukten setzte sich aus 84 Prozent zur Wiederverwendung und 16 Prozent zur Verwertung eingestuften Produkten zusammen. Darunter wurden 47 verschiedene Materialarten identifiziert, die differenziert miteinander verarbeitet waren. Die Materialarten Baumwolle, Polyester, Elastan, Polyamid und Viskose machten dabei einen Anteil von 83 Prozent aus. Bezogen auf Recyclingansätze, die sich auf spezifische Materialien ausrichten, kann die Tendenz dieser fünf definierten Faserverwendungen für die nachhaltige Entwicklung solcher Prozesse von Vorteil sein.

Die zehn frequentiertesten Mischtextilzusammensetzungen machten dabei einen Anteil von 27 Prozent aus und wurden im Zuge der Verwendung von unterschiedlichen Mischverhältnissen durch die Kombinationen Baumwolle/Polyester, Baumwolle/Elastan, Baumwolle/Polyacryl und Polyamid/Elastan abgebildet. Innerhalb dieser Materialmischungen betrug der durchschnittliche Baumwolleinsatz rund 63 Prozent, der durchschnittliche Einsatz von Polyester betrug circa 40 Prozent. Polyamid war mit verhältnismäßig hohen Anteilen vertreten, der Durchschnitt betrug hier 85 Prozent.

Herausgestellt hat sich außerdem eine vergleichsweise geringe Verwendung von Elastan mit einem maximalen Einsatz von 20 Prozent. Betrachtet man darüber hinaus die Anzahl der verwendeten Materialien innerhalb eines Mischtexils, kann abgeleitet werden, dass keine der zehn frequentiertesten Mischungen aus mehr als zwei Komponenten bestand. Dies spiegelt auch den aktuellen technologischen Entwicklungsstand von Recyclingverfahren wider, denn verhältnismäßig selten werden Materialmischungen mit mehr als zwei Komponenten für die Entwicklung eines neuartigen technologischen Ansatzes gewählt. Indessen besteht aber dennoch die Notwendigkeit, sich auch komplexeren Mischtextilien in Hinsicht auf einen nachhaltigen geschlossenen Kreislauf zu widmen, da die maximale Anzahl von verschiedenen Fraktionen innerhalb eines Produktes bis zu sieben Materialien betrug.

Zweckmäßiger Nutzen

Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dieser durchgeführten Analyse können und sollten für weiterführende Erhebungen in diesem Bereich genutzt werden und treiben damit die Forschungen für eine in Zukunft möglichst kreislauffähige Textil- und Bekleidungsindustrie voran. Im Vordergrund der Recycling­ansätze für Alttextilien steht die Anwendung differenzierter Verfahren, um die vorhandenen Rohstoffe innerhalb der bereits produzierten und konfektionierten Produkte zu erhalten und in einen geschlossenen Kreislauf zu re­integrieren.

Die Rückgewinnung von verarbeiteten Fasern ist zum überwiegenden Teil davon abhängig, wie viele qualitativ hochwertige Faserbestandteile aus den textilen Flächen durch entsprechende Prozesse extrahiert und separiert werden können. Durch die Betrachtung von Alttextil-Materialströmen lässt sich die Entwicklung von potenziellen Recy­clingverfahren dahingehend praxisorientiert unterstützen. Simultan zu aktuellen Verfahren ist dies insbesondere auf mechanisch und chemisch ausgerichtete Forschungsansätze übertragbar.

Speziell für chemische Textilrecyclingprozesse ist es nach aktuellen Forschungsergebnissen nahezu unerlässlich, spezifische Kenntnisse über die Zusammensetzung eines Produktes zu haben. Auch Für mechanische Verfahren erhöht eine entsprechende Kenntnis in Verbindung mit vorgelagerten Sortierprozessen die Rezyklatqualität signifikant.

Insbesondere, wenn es um ökonomische Aspekte einer entsprechenden technologischen Skalierung zur Umsetzung in die Praxis geht, ist es notwendig, die realisierbare Menge der Produkte beziehungsweise der verwertbaren Mischtextilabfälle auch auf aktuelle technische Anforderungen und Limitierungen abzustimmen. Dies geht mit den in der EU-Textilstrategie geforderten Kriterien für Textilprodukte einher, um auch die Akzeptanz innerhalb der Industrie durch eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit zu fördern. Bestehende und neuartige Recyclingansätze stellen keine allumfassende Lösung für eine textile Kreislaufwirtschaft dar, können aber als Teil eines Lösungsansatzes betrachtet und sollten demnach auch zukünftig insbesondere durch praxisnahe Evaluierungen gestützt werden.

Das Center Textillogistik bedankt sich bei der Stadtreinigung Hamburg für die Kooperation zur Erstellung dieser Analyse durch die Bereitstellung der Alttextilien.

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