Gewerbeabfallverordnung: Kein Vollzug und Verstoß gegen Getrennthaltung

Die Bundesvereinigung Umwelt-Audit wendet sich mit einem offenen Brief an die EU-Kommission, das Bundesumweltministerium sowie Vollzugsbehörden in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz wegen der fehlenden Überwachung der Gewerbeabfallverordnung.
Foto: Karl-Heinz Laube; pixelio.de

Der fehlende Vollzug der Gewerbeabfallverordnung belastet Unternehmen schwer. Im Vertrauen auf die Umsetzung haben sie in die Vorbehandlung, Sortierung und Aufbereitung von gemischten hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen investiert. Deshalb haben sich zahlreiche Unternehmen aus dem süddeutschen Raum (teilweise bundesweit tätig) unter dem Dach der Bundesvereinigung Umweltaudit e.V. zusammengeschlossen, um auf die Fehlentwicklung hinzuweisen. Stephan Jäger, Rechtsanwalt, der die Unternehmen anwaltlich vertritt, sagt in einem Schreiben an die EU-Kommission: „Wir beklagen, dass europäisches und deutsches Recht aufgrund eines ganz erheblichen Vollzugsdefizits nicht ordnungsgemäß umgesetzt wird.“ Auf der Grundlage der rechtlich vorgegebenen Abfallhierarchie hat Deutschland die Gewerbeabfallverordnung erlassen. Diese sieht seit 2018 eine Getrennthaltung gewerblicher Abfälle in Fraktionen wie beispielsweise Papier, Glas, Metalle, Kunststoffe und Bioabfälle vor. Falls dies aufgrund fehlender technischer Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit nicht möglich ist, so können die Abfälle einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden. Im Vorgriff auf den Erlass der Verordnung haben zahlreiche Unternehmen Investitionen im zweistelligen Millionenbereich getätigt, um diese nicht getrennt gehaltenen Abfälle zu sortieren und aufzubereiten.

In 2017 sind von den betroffenen gemischten, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen etwa 3,4 Mio. Mg/a angefallen, zusätzlich fallen 2,3 Mio. Mg/a an „gemischten Verpackungen“ an. Demnach betrug die Gesamtmenge an gemischten Gewerbeabfällen in 2017 etwa 5,7 Mio. Mg/a. Die in der Bundesvereinigung verbundenen Unternehmen decken etwa eine Behandlungskapazität von 600.000 Mg ab, die in 11 Anlagen zur Verfügung stehen. Derzeit beträgt die Auslastung teilweise unter 50 %, einzelne Anlagen wurden bereits wieder geschlossen. Ein betroffener Unternehmer äußert sich hierzu: „Wir empfinden die Vorgehensweise der Vollzugsbehörden als selektiv. Wir als Betreiber einer Vorbehandlungsanlage müssen Quoten melden, innerbetriebliche Stoffströme getrennt halten und mit großem Aufwand verwiegen. Bei anderen Anlagen wird gar nicht kontrolliert und große Mengen gemischter Abfälle werden auf direktem Wege in die Müllverbrennung verbracht. Oftmals werden diese Mengen in dafür nicht genehmigten Anlagen vorsortiert und von Wertstoffen beraubt.“

Eine Befragung unter den zuständigen (allein in Bayern 100) Vollzugsbehörden, durchgeführt in den letzten Monaten seitens der Bundesvereinigung Umwelt-Audit, hat die Befürchtungen der Unternehmen bestätigt. Eine Überwachung der Anwendung der Getrennthaltung bei den Abfallerzeugern findet praktisch nicht statt. Lediglich anlagenbezogen würde seitens der Behörden ab und zu im Rahmen der Überwachung des Immissionsschutz-Gesetzes auch die Umsetzung der GewerbeabfallV geprüft. Falls Kontrollen stattfinden würden, gab ein Großteil der Behörden an, hierzu keine Statistiken zu führen. Das Ergebnis der Umfrage ist ernüchternd, die deutsche Vollzugspraxis ist offensichtlich nicht in der Lage, für eine ordentliche Kontrolle zu sorgen. Begründet wird dies mit personellen Engpässen. Damit können große Mengen der gemischten Gewerbeabfälle unter Umgehung der Gewerbeabfallverordnung direkt in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden. Obwohl dies sanktionsbewährt ist, wurde bisher praktisch keine Ordnungswidrigkeit erhoben. RA Jäger dazu: „Diese Wettbewerbsverzerrung wollen die Unternehmen nicht länger hinnehmen, wir fordern deshalb die zuständigen Behörden auf, ihren hoheitlichen Aufgaben gerecht zu werden.“

Die Unternehmen selbst haben konkrete Vorstellungen, wie die Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung doch noch zum Erfolg geführt werden kann: „Wir fordern die strikte Umsetzung und Einhaltung des LAGA-Merkblatts M34 (Vollzugshinweise zur Gewerbeabfall-Verordnung), bisher haben wir nämlich keine Planungssicherheit aus der Sicht der Aufbereitungsanlagen. Jede weitere Investition in Forschung und Entwicklung neuer Technologien und Verfahren ist nicht möglich. Es werden keine neuen Stoffströme entstehen und Sekundärrohstoffe generiert, die sinnvollerweise als Substitut für Primärrohstoff in den Produktkreislauf einfließen können. Wir fordern zudem vom europäischen und deutschen Gesetzgeber die Einführung einer Mindestquote für den Einsatz von Sekundärrohstoffen bei der Herstellung neuer Produkte.“

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