Neue Lösungen für textile Biogasspeichersysteme

Biogasanlagen produzieren erneuerbares Methan aus Reststoffen der Landwirtschaft, das meist in Membranspeichern aufbewahrt wird.
Mit einem Versuchsbehälter haben Wissenschaftler des KIT die Auswirkungen verschiedener Umgebungsbedingungen auf textile Membranspeichersysteme untersucht. Bild: Rosemarie Wagner, KIT

In Deutschland sind die Speichersysteme allerdings häufig veraltet und stoßen über Lecks klimaschädliches Methan aus. Mit einem verbesserten Design, wirksamen Standards und optimierten Betriebskonzepten könnten sie aber bei der Energiewende nützlich sein, so die Einschätzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Sie haben die textilen Speichersysteme in einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Forschungsprojekt experimentell untersucht.

Vor allem in den ländlichen Regionen Deutschlands sind sie präsent – kuppelförmige oder flache Membranspeicher, die manchmal gleich zu Dutzenden neben landwirtschaftlichen Betrieben stehen. Unter einer luftgefüllten Textilhülle lagern dort gasförmige Produkte aus Biogasanlagen, hauptsächlich das Energiegas Methan. „Da Biogas bei der Vergärung organischer Stoffe entsteht, ist es CO2-neutral und kann einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten“, sagt Professorin Rosemarie Wagner vom Institut Entwerfen und Bautechnik (IEB) des KIT. „Es lässt sich speichern und bei Bedarf verstromen, etwa um Schwankungen bei der Produktion von Wind- oder Sonnenstrom auszugleichen. In aufgearbeiteter Form kann es auch direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden.“ Dass die Membranspeicher bei vielen Klimaschützern trotzdem einen schlechten Ruf haben, sei allerdings durchaus begründet: „Aktuell sind die Speicher in Deutschland in einem schlechten Zustand. Wegen akuter technischer Mängel müssen in den nächsten Jahren bis zu 80 Prozent aller textilen Hüllen ausgetauscht werden. Etwa fünf Prozent des produzierten Methans entweicht unkontrolliert in die Atmosphäre.“

Um Handlungsoptionen für eine Modernisierung des Bestandes zu prüfen, hat das Forscherteam von Wagner in einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Forschungsprojekt die textilen Speichersysteme für Biogas über zwei Jahre lang experimentell untersucht. Zusammengearbeitet haben sie dabei mit Partnern aus der Industrie, mit den Unternehmen technet, Seybold sowie Wacker Bauwerksaerodynamik.

Innenansicht des Versuchsbehälters bei zum Teil abgelegter Gasmembran auf der Stützkonstruktion. Bild: Rosemarie Wagner, KIT

Bislang fehlten Daten und Methoden zur Berechnung einer dauerhaft, gasdichten Auslegung, Steuerung und Konstruktionsweise der Membranspeicher. „Wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit der Interaktion zwischen Umgebungsbedingungen, Luft- und Gasmasse sowie zwischen Massen- und Volumenströmen von Membranspeichern befassen – die gab es schlichtweg nicht“, sagt Kai Heinlein (IEB), der an der Forschung maßgeblich beteiligt war. Für das Projekt wurde deshalb eine begehbare, ohne Biogas betriebene Versuchsanlage zur Datenerhebung errichtet. Sie war mit einer zweilagigen, textilen und mit Innendruck stabilisierten Abdeckung ausgestattet, unter der mit Luftgebläsen unterschiedliche Füllstände simuliert werden konnten. Mit Drucksensoren und Kameras im Speicher ließ sich sein Verhalten dann während unterschiedlicher Jahreszeiten und Wetterverhältnisse beobachten.

Es zeigte sich, dass ein textiler Biogasspeicher äußert sensibel – und je nach Füllstand unterschiedlich – auf Umweltfaktoren wie Wind, Wärme oder Kälte reagiert. Bei ungünstigen Betriebszuständen kann das zu Problemen führen: „In einem prall gefüllten Speicher genügt vielleicht ein heißer Sommertag, um Versagen an den Nähten zu verursachen, weil sich die Gase schnell ausdehnen“, sagt Heinlein. „Trifft dagegen starker Wind auf einen niedrigen Füllstand, kann die Membran durch Flattern und Schlagen beschädigt werden.“ Signifikant werden diese Effekte vor allem durch die großen Gasmengen, die in den Membranspeichern gelagert werden. In Deutschland sind bis zu 10 000 Kubikmeter möglich.

Den Abschlussbericht mit den Ergebnissen der Experimente hat das Forscherteam aus dem IEB inzwischen dem Landwirtschaftsministerium übergeben. Mit den Messergebnissen sollen nun in Folgeprojekten datenbasierte Modelle zur Interaktion der verschiedenen Einflussparameter und Zustände entwickelt werden. „Solche Modelle werden dringend benötigt, um den nachhaltigen Betrieb der Speichersysteme dauerhaft zu sichern“, sagt Wagner. Neben den Daten bietet der Bericht auch Hinweise auf Defizite marktüblicher Speichersysteme. So führt die typische Messtechnik zur Ermittlung des Füllstands als zentraler Parameter zu ungenauen Ergebnissen. Bei der Steuerung des Luftdrucks in der Außenhülle wiederum gibt es zu wenig Flexibilität, um auf Außenbedingungen zu reagieren. Meist wird das Tragluftdach nämlich einfach nach festen Rhythmen nachgepumpt. Als Lösung könnte eine Druckluftsteuerung sinnvoll sein.

Eine zentrale Erkenntnis der Forscherinnen und Forscher bei ihrer Pionierarbeit betrifft das Design zukünftiger Speichersysteme: Untersuchungen mit der Halbkugelform haben ergeben, dass sich auch diese geometrisch günstige Bauweise für Biogasspeichersysteme eignet. Gegenüber der gängigen Kugelabschnittsform ließe sich das Speichervolumen so verdreifachen.

Abschlussbericht in der Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)

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