Entsorgungswege für gefährliche Abfälle nicht zu Ende gedacht

Der neue Teilplan für gefährliche Abfälle im Abfallwirtschaftsplan NRW weist nach Auffassung des bvse trotz sorgfältiger Erstellung Mängel in der Entwicklungsprognose von Sonderabfällen und entsprechenden Handlungsbedarf auf.
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Für die Behandlung, Deponierung und Verbrennung von Sonderabfällen müsse in NRW dringend mit dem Aufbau neuer Kapazitäten begonnen werden. Nur so könne ein deutschlandweiter Entsorgungsnotstand verhindert werden. Zudem fänden gut organisierte privat-rechtliche Strukturen zur Sonderabfallentsorgung im NRW-Teilplan für gefährliche Abfälle viel zu wenig Berücksichtigung und sollten mehr gefördert werden, so der bvse in seiner Stellungnahme am 13. Januar.

Sicht auf NRW-eigene Behandlungskapazitäten greift zu kurz

Über den deutschlandweiten Vergleich hinaus habe das Bundesland NRW bei der Behandlung und Beseitigung von gefährlichen Abfällen eine Vorreiterstellung. Rund 25 Prozent des gesamten Aufkommens an gefährlichen Abfällen in Deutschland fallen in dem Industrieland an und werden aufbereitet und beseitigt. Dazu stünden dort Behandlungskapazitäten für jährlich rund 7 Millionen Tonnen gefährlicher Abfälle zur Verfügung.

Für das bundeslandeigene Aufkommen an gefährlichen Abfällen von im Durchschnitt rund 6 Millionen Tonnen mögen diese Behandlungskapazitäten zwar ausreichend scheinen. Allerdings greife diese Anzahl von Anlagen im Verhältnis zum Aufkommen nicht nur angesichts weiter schwindender Verbrennungskapazitäten zu kurz. Knappe Sonderabfallbeseitigungskapazitäten in anderen Bundesländern führten unweigerlich dazu, dass diese Bundesländer auf die Mitnutzung der NRW-Einrichtungen angewiesen sind, so der bvse.

Aus Details in der Zusammenfassung des Teilplans sei ersichtlich, dass das Landesministerium durchaus knappe Behandlungskapazitäten erkennt und sich der prekären Lage bei der Mitverbrennung und der damit zu erwartenden drastischen Kostensteigerungen bewusst ist. Offensichtlich leite es daraus aber keinen weiteren Handlungsbedarf ab, bedauert der bvse in seiner Stellungnahme und fordert, auch im Hinblick auf die langen Genehmigungszeiten für Neuanlagen, dringend mit dem Ausbau von Behandlungskapazitäten zu beginnen.

Privatrechtliche Unternehmen der Sonderabfallbehandlung weiter fördern

In NRW hätten die privaten Entsorger von Sonderabfällen vorbildliche Strukturen zu deren Verwertung aufgebaut. Im Zusammenspiel mit öffentlich-rechtlichen Unternehmen und Behörden trügen sie erfolgreich dazu bei, dass das Stoffpotenzial der Sonderabfälle genutzt und die verbliebenen gefährlichen Teilströme der Beseitigung zugeführt werden. Diese Synergien sollten verstärkt und private Unternehmen intensiver gefördert werden, so der bvse.

Entwicklungsprognose von Sonderabfällen nicht stimmig

Kritik übt der bvse an der im Teilplan gesetzten Entwicklungsprognose zum Sonderabfallaufkommen. Die geschätzte Sonderabfallmenge werde dort in einem Zeitraum von 13 Jahren (2017-2030) auf lediglich 0,28 Millionen Tonnen angegeben. Gleichzeitig gehe der Teilplan von einem durchschnittlichen Anstieg von 0,1 Millionen Tonnen pro Jahr in den letzten 8 Jahren aus. Hieraus ergeb sich schon rein rechnerisch ein Zuwachs über den Prognosezeitraum um 1,3 Millionen Tonnen, weist der bvse-Fachverband auf die nicht stimmige Entwicklungsschätzung im Teilplan hin.

Auswirkung rechtlicher Rahmenbedingungen nicht ausreichend berücksichtigt

Veränderungen im Rechtsrahmen, wie beispielsweise die Verschärfungen im Chemikalienrecht mit Umschlüsselungen von nicht-gefährlichen Abfällen zu gefährlichen Abfällen, würden zusätzlich im erheblichen Maße dazu beitragen, dass sich Sonderabfallmengen in Zukunft weiter drastisch erhöhen, führt der bvse aus. Er empfiehlt darüber hinaus, den Geltungsbereich des Abfallwirtschaftsplanes explizit auch auf die nicht-gefährlichen, überwachungsbedürftigen Abfälle der POP-Abfall-Überwachungsverordnung zu erweitern.

Zu wenig Beachtung finden nach bvse-Ansicht auch die künftig zu erwartenden enormen Mengenverschiebungen im Bau- und Abbruchbereich. Die gegenwärtige Diskussion um die Entsorgung asbesthaltiger Bau- und Abbruchabfälle und mögliche Änderungen in den Vorgaben zur Entsorgung von Bauabfällen und Abbruch könnten ebenfalls zu Verschiebungen großer Mengen in Richtung gefährlicher Abfälle führen.

Verbrennungs- und Deponiekapazitäten reichen nicht aus

Die optimistischen Einschätzungen des Teilplans zu den Entsorgungswegen für gefährliche Abfälle kann der bvse weder im Hinblick auf die Verbrennungs- noch auf die Deponiekapazitäten teilen.

Lange Revisionszeiten der in die Jahre gekommenen Anlagen oder gar Abschaltungen ganzer Anlagen führten zu Entsorgungsstaus und Kapazitätsengpässen. Zudem gebe es einen Rebound-Effekt auf die Sonderabfallverbrennung, wenn sich die Verbrennungskapazitäten für nicht-gefährliche Abfälle verknappen.

Die positive Bewertung für Deponiekapazitäten für die nächsten Jahre im Teilplan von NRW sieht der bvse ebenfalls weniger euphorisch. Da in den Bundesländern Deponievolumen generell knapp sind, sei zu befürchten, dass auch künftig verstärkt gefährliche Abfälle nach NRW verbracht und abgelagert werden, so der bvse.

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