Bioabfall-Vergärung – trocken oder nass?

Als Output von Vergärungsanlagen entsteht nicht nur Biogas, sondern es fallen in Abhängigkeit von der jeweils gewählten Technologie auch Gärrückstände in flüssiger und/oder fester Art an, die je nach Verfahrenstechnik mehr oder weniger zum Verkauf geeignet sind oder entsorgt werden müssen. Die Anlagenbetreiber stehen dabei vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob sie trocken oder nass vergären sollen.

Von Walter Henkes

Die Qualität der Outputströme einer Vergärungsanlage spielt vor allem dann eine Rolle, wenn der dabei anfallende Stoff zur Herstellung von Gartenerde und -substraten verwendet wird. Dies zeigt eine gemeinsame Studie der Humus & Erden Kontor GmbH in Neu-Eichenberg und der Pöyry Environment GmbH in Witzenhausen, die die Autoren Thomas Turk, Marion Bieker und Ralf Gottschall auf der diesjährigen Tagung Bio- und Sekundärrohstoffverwertung des Witzenhausen Instituts vorgestellt haben. Die Studie legt den Schluss nahe, dass die Nassvergärung grundsätzlich Vorteile gegen­über der Trockenvergärung hat, wenn man aus den dabei anfallenden Stoffen qualitativ hochwertige Komposterde oder -substrate erzielen will.

Ausschlaggebend für die Bevorzugung der Nassvergärung waren die sehr guten Werte bei den Parametern „Salzgehalt“ und lösliche „Na-“ sowie „Cl-Gehalte“, denen die Verfasser der Studie beim Einsatz von Gartenerde und -substraten besonderes Augenmerk schenkten. So soll der Salzgehalt als Summenparameter für die in einem Medium enthaltenen Nährsalze eine besondere Rolle für die Substrattauglichkeit von kompostierten Gärresten spielen. Zu hohe Salzgehalte sollen jedoch bei den Pflanzen das Wachstum stören. Und sowohl Natrium als auch Chlorid sollen, in Abhängigkeit von der Empfindlichkeit der jeweiligen Kultur, pflanzenschädigend wirken, wenn sie in höheren Mengen eingesetzt werden. Für alle drei Stoffe (Salz, Chlorid und Natrium) wurden daher vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung für Substratkomposte entsprechende Obergrenzen eingeführt.

Foto: pixelio

Darüber hinaus sollen bei der Bewertung der Ausgangsstoffe der Vergärungsanlagen zur Herstellung hochwertiger Gartenerde und -substrate die löslichen Nährstoffgehalte, die pH-Werte, die Gesamtnährstoffgehalte, die Carbonat- und Schwermetallgehalte eine – wenn auch im Vergleich zum Salz, Chlorid und Natrium untergeordnete – Rolle spielen.

Kostennachteile bei der Nassvergärung

Wegen des hohen Anfangswassergehaltes bei der Nassvergärung sollten die Betreiber jedoch eine sorgfältige Nachrotte der Gärreste einkalkulieren, empfehlen die Verfasser der Studie. Die Nachrotte soll wesentlich zu einer Minimierung dieser Schadstoffgehalte beitragen. Im Gegensatz zur Nachrotte von Produkten aus der Trockenvergärung soll dies jedoch mit einem erheblich höheren Aufwand verbunden sein. So soll nicht nur die längere Verweildauer der Gärreste in der Nachrotte zu Buche schlagen, sondern auch die aufwendige Rottetechnik.

Da mit einer mehrwöchigen Nachrotte zu rechnen ist, sollten insbesondere in Gegenden mit hohen Niederschlagsmengen die Rottehallen überdacht werden, und sie sollten be- und entlüftet werden. Außerdem sollten die Gärreste mit Strukturzugaben behandelt werden. Mit der Nassvergärung sollen automatisch auch mehr Abwässer anfallen, und auch die Menge der flüssigen Anaerobprodukte soll zunehmen, heißt es in der Studie. Die organische Fracht der Prozesswässer kann so hoch sein, dass in vielen Fällen eine direkte Behandlung in kommunalen Kläranlagen ausscheidet.

So soll die Belastung von Abwasser aus Anaerobanlagen in etwa dem Mischwasserabfluss (Sickerwasser und Oberflächenwasser) einer offenen Bioabfallkompostierungsanlage entsprechen. Im Einzelfall können sie aber noch deutlich darüber liegen, heißt es in der Studie. Sofern es keine landwirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit gibt, bedarf es daher einer speziellen Abwasserbehandlung, die ihrerseits Kosten verursacht. So sind beispielsweise Zwischenspeicher erforderlich, in denen die Prozesswässer so weit verdünnt werden, dass sie in den Kläranlagen keine Probleme mehr bereiten.

Wie stark sich die Menge des bei der Bioabfallvergärung anfallenden Überschusswassers je nach eingesetzter Technik unterscheidet, zeigt der Anteil in Prozent des Materialinputs: So soll bei Trockenvergärung 30 bis 40 Prozent des eingesetzen Materials als Überschusswasser anfallen, bei der Nassvergärung sollen es 40 bis 60 Prozent sein. Aber auch die Zusammensetzung des Materialinputs soll erhebliche Auswirkungen auf die Menge des Überschusswassers haben. So soll bei Bioabfällen mit einem Anteil von 60 bis 70 Prozent Küchenabfälle bezogen auf den Input bis zu 4 Prozent Überschusswasser anfallen. Enthalten die Bioabfälle aber 70 bis 80 Prozent Grüngut, soll dagegen kaum Überschusswasser anfallen.

Dabei können die in einem Biogaskraftwerk anfallenden Gesamtabwassermengen mal etliche 1.000 Kubikmeter betragen. So soll das Biogaskraftwerk Flörsheim-Wicker, das mit dem Kompogas-Verfahren arbeitet, der Studie zufolge bei einem geschätzten Jahresinput von 45.000 Tonnen Bioabfall rund 12.000 Kubikmeter Abwasser verursachen. Dies entspricht einer Menge von rund 265 Liter je Tonne Materialinput.

Schwierige Kosten-Erlös-Rechnung

Da es auch für die Anaerobprodukte bis jetzt noch keine Verwertungswege gibt, muss auch hier mit erhöhten Entsorgungskosten gerechnet werden.
Um konkret berechnen zu können, inwieweit sich einerseits die Vorteile der Nassvergärung auf der Erlösseite beim Verkauf der Substrate niederschlägt, und ob dies auf der anderen Seite die höheren Kosten der Nassvergärung rechtfertigt, soll sich nur im Einzelfall bewerten lassen. So sollen sich beispielsweise die zusätzlichen Kosten nur dann einigermaßen abschätzen lassen, wenn die Anlagenbetreiber ihre verfahrensspezifischen Daten im konkreten Projektfall offenlegen.

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