Biogas aus Biertrebern

Die anaerobe Fermentation von Biertrebern ebnet Brauereien den Weg zur CO2-neutralen Energiegewinnung. Wie das gelingen kann, zeigt ein Pilotprojekt. Biertreber werden bereits heute als Co-Fermente in einigen Biogasanlagen verwertet. Durch die Novellierung des Gesetzes zum Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) wird der Einsatz von Biertrebern auch in sogenannten NawaRo-Biogasanlagen (Nachwachsende Rohstoffe) möglich, ohne den NawaRo-Bonus zu verlieren.

Von Gunther Pesta, Inhaber des Ingenieurbüros ATRES engeneering biogas in München

Die Entsorgung organischer Reststoffe erfordert von der Brauindustrie ein konsequentes Umdenken. Das schafft Platz für ein aktiv gestaltetes, professionelles Reststoffmanagement. Es genügt nicht mehr, Abfälle zu erfassen und gemäß Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu vermeiden, zu verwerten oder zu entsorgen.
Dass die Abfälle wertvolle Reststoffe sind, wird bislang zu wenig beachtet. Als sekundäre Rohstoffe oder Energieträger verursachen sie keine Kosten für die Behandlung, sondern erwirtschaften durch die effizientere Ressourcennutzung oder verbesserte Energiebereitstellung noch die Erträge. Gerade die organischen Reststoffe einer Brauerei sowie deren Abwässer eignen sich für die anaerobe Fermentation besonders gut. Das dabei entstehende Biogas ersetzt fossile Energieträger.

Spezifische Reststoffmengen
Grafik: TU München

Die in einer Brauerei anfallenden Reststoffe sind überwiegend organische Substanzen mit einem hohen Wassergehalt. Der stofflichen Verwertung sind deshalb Grenzen gesetzt: Der Wassergehalt verur-sacht nicht nur hohe Transportkosten, sondern beschleunigt auch den Verderb durch mikrobielle und enzymatische Aktivitäten in dem wässrigen Milieu.

Die energetische Verwertung beispielsweise durch Verbrennung oder Pyrolyse erfordert eine weitgehende beziehungsweise vollständige Entwässerung der Substrate – denn Wasser brennt nicht. Diese Vortrocknung bedeutet in jedem Fall einen empfindlichen Heizwertverlust in Form der einzubringenden mechanischen Energie zur Entwässerung oder als Verdampfungswärme. Zudem erfordern hohe NOx- und Feinstaub-Emissionen bei der thermischen Verwertung von Biertrebern sekundäre Maßnahmen der Rauchgasreinigung.
Ein entsprechendes Patent aus dem Jahr 1998 (PCT/AT1997/000250) zur Verbrennung von Biertrebern hat bis heute keine großtechnische Umsetzung erfahren.

Eine alternative Verwertungsmöglichkeit ist die anaerobe Fermentation von Biertrebern zur Biogaserzeugung. Die Biogaserzeugung läuft nur im wässrigen Milieu ab und die Emissionsprobleme der Verbrennung werden ebenfalls umgangen. Flüssige, feste oder pastöse Substrate eignen sich gleichermaßen zur Biogaserzeugung.
Dieses ökologisch und ökonomisch sinnvolle Verfahren gewinnt zusätzliche Bedeutung durch die vielfältige Nutzungsmöglichkeit des Biogases in stationären oder mobilen Anwendungen. Bei einem Methangehalt von 65 Prozent entspricht der Energieinhalt von einem Normkubikmeter Biogas rund 0,6 Liter Heizöl Extra Leicht. Je nach Aufbereitung liegt Biogas in seiner Brennstoffqualität zwischen Erdgas und Klärgas.

Anaerobe Fermentation

Prinzipiell erfordert die Vergärung von Biertrebern keine intensive Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. Die anaerobe Fermentation wird durch deren heterogene Zusammensetzung lediglich erschwert.

Biertreber sind prinzipiell ein interessantes Co-Ferment: Sie weisen einen guten spezifischen Biogasertrag auf, sind innerhalb der in landwirtschaftlichen Anlagen erzielbaren Verweilzeiten weitgehend abbaubar, und der Gärrest besitzt wertvolle humifizierende und düngende Eigenschaften.

Biogas aus Biertrebern
Grafik: TU München

Biertreber werden bereits heute als Co-Fermente in einigen Biogasanlagen verwertet. Durch die Novellierung des Gesetzes zum Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) wird der Einsatz von Biertrebern auch in sogenannten NawaRo-Biogasanlagen (Nachwachsende Rohstoffe) möglich, ohne den NawaRo-Bonus zu verlieren.

Die industrielle Anwendung der Vergärung von Brauereireststoffen wird von zwei wesentlichen Aspekten bestimmt: durch die rasche sowie durch die rückstandsfreie Vergärung. Daraus entstehen Forderungen nach möglichst kompakten Anlagen, kurzen Verweilzeiten und feststofffreien Abläufen. Für den Einsatz von Biertrebern können diese Forderungen nicht ohne Weiteres erfüllt werden. Die Beschleunigung und Verbesserung der Abbauprozesse ist nur zu einem gewissen Maß möglich.

Die am anaeroben Abbau beteiligten Mikroorganismen geben den Rahmen des Möglichen vor. Die Kompartimentierung des Verdauungstraktes der Wiederkäuer stellt das in der Natur einzigartige Vorbild für zahlreiche Bemühungen der Effizienzsteigerung anaerober Abbauprozesse dar – allerdings bleibt dieses Vorbild in der technischen Umsetzung unerreicht.

Neuartiges Verfahren

Aufbauend auf eigenen langjährigen Forschungsarbeiten an der Technischen Universität München wurde vom Forschungsteam der ATRES engineering biogas ein neuartiges Verfahren zur Vergärung von Biertrebern entwickelt. Der Prozess der Biogasbildung aus Biertrebern soll innerhalb von fünf bis sieben Tagen abgeschlossen sein. Zusätzlich eingebrachte Brauereireststoffe erhöhen den Biogasertrag und verbessern die Wirtschaftlichkeit.

Das Verfahren befindet sich noch in der Phase der Patentanmeldung. Das Konzept wird in Zusammenarbeit mit der Bamberger Brauereimaschinenfabrik Kaspar Schulz zunächst für Brauereien bis 20.000 Hektoliter Jahresausstoß ausgearbeitet.
Der modulare Aufbau und diverse Upscaling-Varianten sollen einen Einsatz auch in größeren Brauereien ermöglichen. Mit der enbasys GmbH Grambach (Österreich) wurde ein weiterer Kooperationspartner gefunden, um auch Brauereien mit mehreren Millionen Hektolitern Jahresausstoß maßgeschneiderte „Turn Key“-Anlagen anbieten zu können, bis hin zur Prozesswasseraufbereitung.

Nachfolgende Ausführungen zu den im Vorfeld der Verfahrensentwicklung durchgeführten Untersuchungen sollen einen kleinen Einblick in die Problematik der Vergärung von Biertrebern geben.

Der Weg zur CO2-neutralen Energieversorgung einer Brauerei ist offen. Wird heute eine Brauerei fast ausschließlich mit fossilen Energieträgern versorgt, so wird die Brauerei der Zukunft komplett mit regenerativen Energieträgern auskommen. Der durchschnittliche ökologische Fußabdruck der Bierherstellung in Deutschland hinterlässt heute deutliche Spuren: pro Hektoliter Bier rund 13 Kilogramm Kohlenstoffdioxid und 0,008 Gramm radioaktiver Abfall (deutscher Strommix). In Brauereien kann die Biogasgewinnung aus produktionsspezifischen Reststoffen im Zusammenspiel mit besonders energieeffizienten Techniken, beispielsweise dem Schonkochverfahren (SchoKo) zur Würzekochung, die Bereitstellung der thermischen Produktionsenergie nahezu vollständig abdecken.

Die Brauereimaschinenfabrik Kaspar Schulz verfolgt dieses CO2-neutrale Energiekonzept – ATRES konzipiert dabei die Anlagen zur Biogasgewinnung. Die Deckung des Grundbedarfs an Strom und Wärme erfolgt über die Nutzung des Biogases mittels Kraft-Wärme-Kopplung. Fehlende Anteile können durch regenerative Energieträger abgedeckt werden.

Die Biogaserzeugung aus Biertrebern und brauereispezifischen Reststoffen leistet einen wesentlichen Beitrag zur emissionsarmen Produktion und zur Einsparung fossiler Energieträger. Das sich zurzeit in Entwicklung befindliche Verfahren soll in diesem Jahr mit einer Pilotanlage in einer Brauerei umgesetzt werden. Großtechnische Betriebserfahrungen zu sammeln und weitere Verfahrensverbesserungen aufzuzeigen sind die Zielsetzungen des Pilotversuchs.

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